Linksrheinischer Jakobsweg 2013
Datum | Strecke | Länge | Gesamtlänge | |
1. | 17.05.2013 | Köln - Bonn | 35 km | 35 km |
2. | 28.06.2013 | Bonn - Niederbachem | 20 km | 55 km |
3. | 12.07.2013 | Niederbachem - Sinzig | 25 km | 80 km |
4. | 27.07.2013 | Sinzig - Andernach | 24 km | 105 km |
5. | 12.08.2013 | Andernach - Koblenz | 29 km | 134 km |
6. | 14.08.2013 | Koblenz - Rhens | 18 km | 152 km |
7. | 16.08.2013 | Rhens - Bad Salzig | 17 km | 169 km |
8. | 30.08.2013 | Bad Salzig - St. Goar | 17 km | 186 km |
9. | 06.09.2013 | St. Goar - Bacharach | 23 km | 209 km |
10. | 14.10.2013 | Bacharach - Bingen | 32 km | 241 km |
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17.05.2013: 1. Tag Köln - Bad Godesberg (35 km) Vor einigen Wochen haben wir am Deutschen Eck in Koblenz den Linksrheinischen Jakobsweg eröffnet. Nun ist es an der Zeit, diesen Weg unmittelbar vor der Haustür auch zu gehen. Ich war zwar am Rande an der Etappenplanung beteiligt und habe den Flyer dazu entworfen, aber leider kenne ich die Strecken noch gar nicht und soll einen Pilgerführer schreiben. Außerdem kann ich die Gelegenheit nutzen, ein paar Überstunden abzubauen und einen Trainingsmarsch für die kommende Pilgertour in Frankreich zu absolvieren. Wie immer, wenn ich zum Tagespilger auf heimischen Jakobswegen werde, stehe ich früh auf, um einen der ersten Züge am Koblenzer Hauptbahnhof zu bekommen. Nach dem Herrichten des kleinen Tagesrucksacks habe ich die üblichen zwei Kilometer bis zum Bahnhof vor mir. Das Zugticket hatte ich bereits vorab im Internet gebucht und ausgedruckt. In der Bahnhofsbuchhandlung besorge ich mir zwei Moleskine-Notizheftchen, in denen ich zukünftige Pilgerstempel sammeln werde. Gegen 8.15 Uhr treffe ich am Kölner Hauptbahnhof ein und begebe mich über die Domtreppe sofort zum Dom, der bereits geöffnet ist. Am Petrusportal finde ich die erste Jakobusdarstellung und mache anschließend einen kurzen Rundgang durch den Dom. Es ist schon sehr lange her, dass ich hier war. Der Dom überwältigt mich mit seinen Dimensionen und seiner Atmosphäre. Inzwischen begeistern mich diese alten Kathedralen, sie haben etwas Besonderes an sich, das man nicht beschreiben kann. Hier standen schon vor Jahrhunderten Pilger aus der damals bekannten Welt, aus Europa. Leider bin etwas zu spät, denn in einer Kapelle neben dem Chor endet gerade ein Gottesdienst. Ich frage einen der Domaufsichten nach einem Pilgerstempel, den ich tatsächlich von einem Kollegen bekomme. Nach einer kurzen Besinnung mache ich mich auf den Weg, denn ich habe heute gleich zwei Etappen vor mir und möchte am Nachmittag in Bonn sein. Vom „Roncalliplatz“ aus starte ich, gehe am Römisch-Germanischen Museum vorbei über die Straße „Am Hof“ und weiter geradeaus in die Straße „Unter Goldschmied“, der ich bis zur „Pipinstraße“ folge. Auf diesem Abschnitt finde ich die ersten Muschelwegweiser. Wie ich allerdings bald feststellen muss, sind dies die Wegzeichen für den Jakobsweg nach Aachen und nicht für den Linksrheinischen Jakobsweg. Dieser ist bisher nur in Rheinland-Pfalz komplett markiert. Hier treffe ich neben einem Stück der historischen römischen Wasserleitung auch auf eine Büste des früheren Kölner Erzbischofs Frings, das Jüdische Museum und das Wallraf-Richartz-Museum. Unmittelbar nebenan befindet sich mit Alt St. Alban die erste Kirche. Diese wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, aber nicht wieder aufgebaut. Heute kann durch Gitter die dahinter platzierte Skulptur „Trauernde Eltern“ (nach dem Original von Käthe Kollwitz) und das Kriegsgefangenen-Mahnmal betrachtet werden. Unmittelbar an die Ruine schließt sich die mittelalterliche Festhalle „Gürzenich“ an. Nach der Überquerung der „Pipinstraße“ verlasse ich die Route, um mir die frühromanische Basilika St. Maria im Kapitol mit einem sehr schönen Jakobusfenster anzusehen. Leider ist die Kirchenaufsicht noch nicht anwesend, hier hätte ich sonst einen Stempel mit Jakobusmotiv erhalten können. Im Pfarrbüro bekomme ich dafür neben dem eigenen Pfarrsiegel auch noch das Siegel der Basilika St. Maria in Lyskirchen. Über die „Hohe Straße“ und die „Hohe Pforte“ erreiche ich den „Waidmarkt“ mit der nächsten romanischen Basilika, St. Georg. Davor wurde durch die Deutsche St. Jakobus-Gesellschaft eine Informationsstele zum Thema „Wege der Pilger im Rheinland“ Jakobsweg aufgestellt. Nach der kurzen Besichtigung geht es an dem vor einigen Jahren durch den U-Bahn-Bau eingestürzten historischen Archiv vorbei in die „Severinstraße“, einer Einkaufsmeile mit vielen Kneipen, Kiosken und kleinen Läden. Über eine Brücke, die die Zufahrt zur Severinsbrücke überspannt, stoße ich direkt auf das nächste Gotteshaus. St. Johann Baptist ist heute das jugendpastorale Zentrum des Erzbistums Köln (CRUX) mit einem angeschlossenen Café. Natürlich nutze ich die Gelegenheit und schaue mir die Kirche von innen an. Auffällig sind die Sitzreihen, die aus Materialkisten bestehen, wie sie üblicherweise Musiker verwenden. Ich folge weiterhin der „Severinstraße“ und erreiche die romanische Basilika St. Severin, dem dritten Bischof von Köln geweiht. Im Pfarrbüro erhalte ich meinen Pilgerstempel, bevor ich mir die Kirche ansehe. Dabei fällt mir auf, dass hier nach St. Maria am Kapitol und St. Georg ebenfalls ein Gabelkreuz vorhanden ist. Am Ende der „Severinstraße“ bin ich schon fast an der Grenze des Kölner Zentrums angelangt. Hinter der Severinstorburg aus dem 13. Jahrhundert biege ich am „Chlodwigplatz“ nach links in den „Ubierring“ ein. Von hier aus gehe ich geradeaus auf den Rhein zu, überquere die Straße „Am Bayenturm“ und wende mich nach links zu dem südlichen Eckturm der mittelalterlichen Stadtmauer. Heute hat die gemeinnützige Stiftung „FrauenMediaTurm“ sowie die Redaktion der Zeitschrift „Emma“ ihren Sitz in dem dreistöckigen Turm. Hier geht es rechts direkt an den Rheinauhafen, wo in den letzten Jahren ein Wohn-, Büro-, Dienstleistungs- und Gewerbegebiet unter Einbeziehung von denkmalgeschützten Gebäuden entstanden ist. Auf der „Laura-von-Oelbermann-Promenade“ setze ich meine Wanderung in Richtung Süden fort. Es ist grau, nebelig und feiner Niederschlag setzt sich auf meiner Kleidung fest. Das Wetter hat wirklich nichts mit Frühling zu tun, es spielt total verrückt. Kurz vor der Südbrücke treffe ich auf ein Relikt, das mir bisher nur aus den Kölner Tatort-Sendungen bekannt ist: die „Wurstbraterei“ der Schlusssequenzen der Krimis mit Ballauf und Schenk. Von nun an geht es für drei Kilometer auf dem Leinpfad unmittelbar am Rhein entlang. Hier begegnen mir einige Jogger und Fahrradfahrer, einige Angler versuchen ihr Glück. Am Ufer im Bereich der „Rodenkirchener Brücke“ liegen einige Schiffe dauerhaft vor Anker. Zunächst treffe ich auf die Ökologische Rheinstation der Universität zu Köln, danach laden mit dem „Marienburger Bootshaus“, der „Tanzbar“, die „Alte Liebe“ und der „Albatros“ schwimmende Gasthäuser zum Verweilen ein. Aktuell ist es noch zu früh, ich gehe davon aus, dass erst deutlich später geöffnet wird. Unter der Brücke wurde von den Wassersportfreunden Köln eine Kanu-Slalom-Strecke eingerichtet. Der Uferweg steuert unmittelbar auf ein Gasthaus im Fachwerkstil zu, dahinter ragt der Turm der St. Maternus-Kapelle aus dem 11. Jahrhundert hervor, die jedoch leider verschlossen ist. Vor der Kapelle biege ich nach rechts in die schmale „Kirchstraße“ ab und gehe bis zur „Hauptstraße“, an der ich mich nach links wende und dieser folge. Allmählich bekomme ich Hunger. In einer Bäckerei kaufe ich mir ein Tetrapack Kakao, zwei Käse-Laugenstangen und ein Puddingteilchen. Letzteres wird unmittelbar auf den nächsten Metern verspeist. An einer Gabelkreuzung folge ich der nach rechts abknickenden „Sürther Straße“. Dabei komme ich an der evangelischen Erlöserkirche vorbei. Kurzentschlossen suche ich das Gemeindebüro auf, finde es aber nicht sofort in dem Gebäude. Auf dem Weg zurück nach draußen werde ich von Pfarrer Michael Miehe abgefangen, der mich nach meinem Begehr fragt. Er erklärt mir, dass das Gemeindebüro geschlossen sei, er mir aber gerne einen Stempel geben kann. Ich freue mich über diese spontane Aktion, verabschiede mich mit einem herzlichen Dank und wende mich wieder der „Sürther Straße“ zu. Vor einem Wohnhaus tummelt sich auf einem runden Podest eine Schildkrötenfamilie aus Bronze und betrachtet interessiert das Geschehen vor sich. Dahinter tauche ich in ein kurzes Waldstück ein und vernehme zahlreiche Vogelstimmen. Es tut gut, nach der bisherigen städtischen Geräuschkulisse wieder einmal in der Natur zu sein und die Sinne auf eine angenehme Weise zu reizen. Am Ende des Grünstreifens gehe ich an einer Friedhofsmauer entlang und erreiche das großflächige Areal der Diakonie Michaelshoven. Die „Sürther Straße“ zieht sich fast drei Kilometer hin. Ich lasse eine Gesamtschule mit Sportgelände hinter mir und überquere schließlich eine große Kreuzung geradeaus, an der sich eine Tankstelle befindet. Ich bin jetzt in der „Kölner Straße“ im Stadtteil Sürth. Auch hier laufe ich an einem Friedhof vorbei, verbleibe bis zu einer T-Kreuzung am Ende an der Straße. Geradeaus führt der Weg in die Straße „Am Rheinufer“ zu demselbigen. Ich schaue mir aber vorher noch die St. Remigius-Kirche an, deren Turm nur rund hundert Schritte weiter nach rechts in die Höhe ragt. Nach einer kurzen Pause der Stärkung begebe ich mich am Rhein entlang nach Süden. Ab hier sind es noch rund sechs Kilometer bis nach Wesseling. Ich hoffe, nun endgültig der Zivilisation entflohen zu sein, nur vereinzelt begegnen mir Fahrradfahrer und Hunde mit ihren Frauchen oder Herrchen. Links befindet sich der Rhein, daran schließt sich ein mehr oder weniger schmaler Gürtel aus Bäumen und Sträuchern an, in der Mitte verläuft der Leinpfad. Es riecht nach Frühling, dennoch scheint die Sonne heute nicht den Kampf gegen die dichte Wolkendecke gewinnen zu können. Und dann bäumt sich vor mir das krasse Gegenteil von Natur auf: Kühltürme eines Kraftwerkes und Kräne, dazu der passende Lärm. Vor einem Hafenbecken macht der Weg eine Rechtskurve und folgt damit den Konturen des Hafens, genau auf die Kühltürme zu. Nach einem Linksknick geht es den „Mühlenhof“ leicht bergauf zu einer Brücke über die Bahntrasse. Der Pilgerweg führt jedoch geradeaus entlang der Gleise bis zu einer Fußgängerbrücke am Godorfer Bahnhof. Von der Brücke ist mit Blick auf den Rhein eine alte Windmühle, allerdings ohne Flügel, zu sehen. Ich nehme auf der Brücke den zweiten Abgang und erreiche die stark befahrene „Industriestraße“, die später „Theodor-Heuss-Straße“ heißt. Auf einem Radweg laufe ich genau auf die Anlagen eines Industriekonzerns in der Gemarkung Wesseling zu. Das ist ein Wegabschnitt, der nicht unbedingt sein muss, sich aber leider nicht vermeiden lässt. Es ist laut, ständig zischen irgendwelche Ventile, es riecht leicht süßlich nach Chemie. Zu allem Überfluss beginnt es jetzt auch noch zu regnen. Leider wird es nicht weniger, sodass ich mir den Regenponcho über mich und meinen Rucksack werfe. Ich bin froh, als ich an einen großen Kreisverkehr komme, nach links in den „Mühlenweg“ abbiege und den ganzen Lärm und Gestank hinter mir lassen kann. An der nächsten T-Kreuzung treffe ich auf die „Kölner Straße“, der ich nach rechts bis zur katholischen St. Germanus-Kirche folge. Hier endet die erste Etappe des Linksrheinischen Jakobsweges. Endlich hört der Regen auf und ich kann meinen Poncho wieder im Rucksackdeckel verstauen. Nach einer kurzen Verschnaufpause besichtige die Kirche und komme für ein paar Minuten zur Ruhe und Besinnung. Ich stehe heute ein wenig unter Zeitdruck, da wir am Abend noch etwas vorhaben. Deswegen versuche ich, etwas schneller zu gehen als sonst. Doch dafür zahle ich auch einen Preis: es zwickt ein wenig unter dem rechten Großzeh. Ich traue mich aber nicht, nachzusehen. Mit strammem Schritt geht es von der St. Germanus-Kirche über die „Bonner Straße“ und „Auf dem Sonnenweg“ sowie die „Parkstraße“ in den Rheinpark, wo zurzeit noch Bagger am Werke sind. Rasch befinde ich mich erneut auf dem Leinpfad am Rhein, den ich so schnell nicht mehr verlassen werde. Hinter der Rheininsel „Herseler Werth“ gelange ich zum Sportzentrum, das aus einem Casting-Übungsgelände des örtlichen Fischereivereins und einem Fußballplatz besteht. Ich gehe oberhalb des Sportplatzes durch die „Bayerstraße“ und biege dahinter nach links auf den Leinpfad ab. Bald erreiche ich die Zufahrtsrampe der Autofähre zwischen Hersel und Mondorf, wo sich zahlreiche Enten und Schwäne tummeln. Es ist nicht mehr weit bis zur katholischen Pfarrkirche St. Margaretha. Kaum bin ich dort, beginnt es schon wieder zu regnen, und das noch stärker als zuvor. So packe ich erneut meinen Poncho aus. Da die Kirche nicht geöffnet ist, halte ich mich gar nicht lange auf. Schnell geht es wieder an den Rhein. In Graurheindorf verlasse ich an einer Stahltreppe den Leinpfad in Richtung „Mertensgasse“, bis ich auf die „Estermannstraße“ stoße und nach links abbiege. Die Straße ist schmal und es existiert eigentlich kein Bürgersteig. Ich bin froh, als ich nach links in die „Werftstraße“ gehen kann. Hinter einer bunten Stahlwand weist der Wegweiser des Radweges in Richtung Bonn nach links und ich gehe zwischen einem etwas größeren Stapel Containern und einem Klärwerk hindurch. Wieder am Rhein angekommen, sehe ich von weitem bereits die Silhouette der Friedrich-Ebert-Brücke, unter der ich schon bald durchlaufe. Endlich kann ich den Leinpfad verlassen und bewege mich auf das parallel verlaufende „Fritz-Schroeder-Ufer“ zu. Oberhalb der Straße ragt die Bonner Beethovenhalle hervor, an der nächsten Ecke gehe ich nach rechts in die „Theater-Straße“. An der Kreuzung mit der „Kölnstraße“ erscheinen links die Türme der Stiftskirche, die ich mir gerne ansehen möchte. Der Zugang zur Kirche wird jedoch durch ein verschlossenes Gitter versperrt, sodass dem Besucher nur ein Blick aus dem Vorraum bleibt. Draußen regnet es immer noch. Bald habe ich mein Ziel für heute erreicht. Nun geht es noch über die „Oxford-Straße“ zur Fußgängerzone, dort durch „Bonngasse“, „Marktbrücke“ und „Remigiusstraße“. Dann stehe ich vor dem Bonner Münster. Meine Füße schmerzen. Zu den Problemen am rechten Zeh kommt noch eine Druckstelle an der linken Ferse dazu. Bevor ich zum Bahnhof gehe, nehme ich mir die Zeit, um einen Blick in das Münster zu werfen und ein kurzes Dankgebet zu sprechen. Einen Stempel hole ich mir bei der nächsten Etappe, die hier beginnen wird. Beim Verlassen der Kirche treffe ich auf zwei Radpilger, die auf dem Weg nach Rom sind. Wir plauschen ein wenig miteinander und wünschen uns gegenseitig zum Abschied einen guten Weg und Gottes Segen. Am Bahnhof muss ich erkennen, dass mir dieser Plausch eine spätere Heimfahrt um dreißig Minuten beschert hat. Das war er mir aber wert. Ich ziehe mir den Poncho aus, besorge mir ein Bahnticket und steige bald darauf in einen ziemlich vollgestopften Zug nach Koblenz ein. Zum Glück finde ich noch einen Sitzplatz. In Koblenz werde ich von meiner Frau abgeholt und zu Hause stelle ich begeistert fest, dass ich keine Blasen, sondern nur leichte Druckstellen an den beschriebenen Stellen habe. Fazit des Tages: Pilgern in Hetze macht keinen Sinn und die beiden bewältigten Etappen sind sicherlich nicht die schönsten des Linksrheinischen Jakobswegs. Die liegen noch vor mir, in Richtung Koblenz und Bingen geht es vornehmlich durch Natur und die Zivilisation wird meistens umgangen.
28.06.2013: 2. Tag Bonn - Niederbachem (20 km) In den nächsten Wochen werde ich freitags auf dem Linksrheinischen Jakobsweg unterwegs sein. Das passt ganz gut von den Streckenlängen und dem mir zur Verfügung stehenden Zeitansatz. Die nördlichen Etappen kann ich gut von meiner Dienststelle in Bonn erreichen. Heute steht der Abschnitt von Bonn nach Niederbachem an. Eigentlich war angedacht, mit dem Bus zum Hauptbahnhof zu fahren, doch meistens kommt es anders… Mein Kamerad Thomas macht mir das Angebot, mich auf seinem Heimweg mit dem Auto mitzunehmen und am Bahnhof abzusetzen. Dadurch spare ich eine gute halbe Stunde Zeit. Vom Bahnhof gehe ich unmittelbar zum Bonner Münster. Dort hat erst vor ein paar Minuten im Hochchor das Mittagsgebet begonnen, dem ich, allerdings in einer unteren Bank sitzend, noch folge. Auf Nachfrage bei einer Aufsicht werde ich für den Empfang des Pilgerstempels in den Münsterladen geschickt. Diesen erreiche ich durch einen Seiteneingang, muss aber zunächst den Kreuzgang durchqueren, den ich mir natürlich auch noch gerne ansehe. Im Laden bekomme ich den Stempel und ein Faltblatt mit Informationen zum Jakobsweg in Bonn. Dann geht es los. Vorher werfe ich mir meinen Poncho über, denn wie bei meiner Ankunft in Bonn vor ein paar Wochen, regnet es. Ich würde mich auch einmal über einen sonnigen Pilgertag freuen. Ich beginne meinen Marsch am Pranger vor dem Münster und gehe durch den unterirdischen Bereich des Bahnhofes in die „Quantiusstraße“, um an der nächsten Kreuzung nach rechts in die „Poppelsdorfer Allee“ zu gehen, die beidseitig mit Kastanienbäumen versehen ist. Vor mir nähert sich allmählich das Poppelsdorfer Schloss, in dem sich das Mineralogische Museum und das Zoologische Institut der Universität befinden. Ich folge der „Meckenheimer Allee“ und passiere den Eingang zum Botanischen Garten, der hinter dem Schloss ansässig ist. Die Straße heißt jetzt „Clemens-August-Straße“ und ist mit kleinen Geschäften gesäumt. Ich entdecke hier die Wegzeichen des Rheinhöhenweges, der zum Teil identisch mit dem Linksrheinischen Jakobsweg ist. Daher lasse ich mich wider besseres Wissen verleiten, diesen Schildern in die „Rehfuesstraße“ zu folgen (eigentlich hätte ich erst zweihundert Meter weiter den „Nachtigallenweg“ nehmen sollen). Die Straße entpuppt sich letztendlich als schmaler, nicht befahrbarer Pfad zwischen Schrebergärten hindurch. So erreiche ich die Straße „Im Wingert“ halt links von einem Pflegeheim statt von rechts. Schräg gegenüber findet der „Nachtigallenweg“ leicht ansteigend seine Fortsetzung. An einer Realschule quere ich die „Robert-Koch-Straße“ und folge weiter dem „Nachtigallenweg“. Vor dem Haus mit der Nummer 54 muss ich nach links in den Wald gehen. Schon bald mündet der unscheinbare Pfad in eine Kreuzung. Ich wähle den Kiesweg, der mich in einer scheinbar langen Geraden aufwärts führt. Am nächsten Abzweig bleibe ich auf dem Kiesweg in Richtung der auf einem Stein eingemeißelten „Gasselruhe“. Es geht weiter durch ein Waldgebiet bis zum „Kaiser-Wilhelm-Denkmal“, das ich links liegen lasse. Nach kurzer Zeit stehe ich erneut an der „Robert-Koch-Straße“, der ich in einem leichten Linksbogen folge. Ich bleibe links am Waldrand und bin an der Universitätsklinik angelangt. Hier gehe ich in Richtung „Auenbruggerhaus“ weiter und überquere einen Parkplatz. Einen Laternenmast hat der Eifelverein neben anderen Wegweisern sogar mit einer Jakobsmuschel beklebt. Es handelt sich hierbei aber um einen Jakobsweg von Bonn an die Mosel, der mit dem Linksrheinischen Jakobsweg nichts zu tun hat. Ich „erklimme“ sechs Treppenstufen und wandere auf einem Kiesweg am Rande der Klinikgebäude entlang. Ein Schild weist mich auf das Dottendorfer-Jugend-Kreuz hin, das ein paar Schritte abseits vom Weg an einem Aussichtspunkt errichtet wurde. Von hier hat man einen, bei schönem Wetter natürlich deutlich besseren, herrlichen Ausblick auf das gegenüber liegende Dottendorf, auf Bad Godesberg und am Horizont das heute vernebelte Siebengebirge. Ich bleibe auf dem Weg am Rande der Kliniken bis zu einem Unterstand, wo ich nach links einbiege. Nach einer kurzen S-Kurve erreiche ich zu meiner Rechten eine Weide. Vor mir tut sich eine lange, von Kastanien gesäumte Gerade auf, deren Ende ich noch nicht einsehen kann. Ich überquere eine Kreuzung mit einigen Hinweistafeln. An einem kleinen Tümpel mit Holzzaun davor muss ich nach links in den Wald abbiegen. Der Weg ist von den vielen Regenfällen der letzten Tage sehr aufgeweicht und zum Teil mit Pfützen versehen. So muss ich öfters mal auch im Sprung die Seiten wechseln. Nach rund vierhundert Metern stoße ich auf einen Weg von rechts, auf dem ich bis zum nächsten Abzweig bleibe. Dort laufe ich abwärts auf einem durch die dauernden Regenfälle ausgewaschenen Waldpfad. Weiter unten treffe ich auf einen breiten Schotterweg, in den ich nach rechts abbiege. Ich gelange nach Bad Godesberg in den „Promenadenweg“ und folge diesem ich bis zum Ende. Es geht wieder aufwärts auf einem Fußgängerweg, der mit einigen Treppenstufen gespickt ist. Ober angekommen biege ich nach links in die Straße „Am Burgfriedhof“. Über der Friedhofsmauer ragt eine Kuppel hervor, die ich mir etwas genaue ansehen möchte. Es handelt sich dabei um ein früheres Mausoleum, das heute als Friedhofskapelle genutzt wird. Direkt davor ist ein Soldatenfriedhof mit einem Denkmal aus dem Ersten Weltkrieg. Ich halte mich hinter dem Friedhof links bergab und soll eigentlich wieder nach links in Richtung Godesburg gehen. Vor mir entdecke ich an der nächsten Straßenkreuzung die Marienkirche und schaue einfach mal nach, ob sie vielleicht offen ist. Nach einer kurzen Besichtigung und Besinnung kehre ich zurück zur letzten Abzweigung. In einer scharfen Linkskurve wende ich mich nach rechts in einen kleinen Pfad, der mich an drei Kreuzwegstationen vorbei und über eine Brücke in ein Einkaufszentrum bringt. Es ist jetzt um die 15 Uhr und es sind kaum Leute unterwegs. Ein Blick zurück auf die Godesburg birgt eine gewisse Enttäuschung: sie ist wie bei Cristo eingepackt und wird zurzeit Sanierungsmaßnahmen unterzogen. Am Ende der Passage treffe ich auf den Zugang zum Kurpark, wo ich nach rechts gehe. Hinter einer Kreuzung überquere ich die Straße nach Meckenheim und laufe über den „Redoutenweg“ in die Elisabethstraße. An der nächsten Gabelung zweige ich nach rechts in die „Drachenfelsstraße“ ab, auf der ich zunächst bleibe. Immer noch auf der „Drachenfelsstraße“, nachdem links die „Lohrbergstraße“ abgeht, befindet sich rechter Hand ein kleiner Torbogen. Durch diesen führt ein kleiner Weg abwärts auf die „Ölbergstraße“, an deren Ende ich nach rechts in den „Marienforster Steinweg“ gehe. Auf Höhe einer Scheune macht der Weg eine Linkskurve und ich sehe mit Schrecken die schnurgerade, steil ansteigende Route vor meinen Augen. Jetzt wird es anstrengend. Ich bleibe immer auf der asphaltierten Straße und bewege mich auf ein paar mächtige Eichen und den Waldrand zu. Hier laufe ich an einem eingezäunten Areal vorbei, das teilweise mit Obst- und Nadelbäumen bepflanzt ist. Am Ende des Zaunes biegt ein Weg in spitzem Winkel nach links in den Wald, dem ich leicht ansteigend bis zu einer Kreuzung mit vier Wegen folge und dort rechts weitergehe. Ich erreiche einen Unterstand und ein auf Stein geschriebener Wegweiser zeigt mir die Richtung nach Ließem an. An einer Ruhebank mit einem weiteren Hinweissteingehe ich nach links in Richtung Heiderhof. Am Ende der Waldpassage türmen sich vor mir mehrere unschöne Wohnsilos auf. Hier möchte ich nicht wohnen. Ich laufe an den Blocks vorbei zum Waldfriedhof, vor dessen Tor ich nach links den geteerten Weg begehe. Nach rund einhundert Metern geht es auf einem Schotterweg, weiter abwärts bis zu einem mit Stahlgeländer versehenem Bachübergang. Dort wandere ich noch ein Stück durch Wald, erreiche dann ein Stachelbeerfeld. Auf der rechten Seite des Weges nehme ich die bei Nässe etwas rutschigen Holzstufen, um den Wirtgesbach zu überqueren. Ich gehe auf ein großes Gartentor zu und wende mich davor nach links bis an die K14. Auf der anderen Seite der Straße muss ich erneut leicht aufwärts marschieren, bis ich an das Haus mit der Nummer 14 direkt vor mir habe. Hier laufe ich nach rechts auf einen Strommast zu, am Rande befinden sich Stachelbeer- und Johannesbeerfelder. Die Johannesbeeren schmecken schon sehr lecker. Am Horizont ist bereits seit einiger Zeit die Silhouette des Siebengebirges und des Drachenfels zu erkennen. Am Ende des Weges gehe ich in einem 180 Grad- Bogen nach rechts auf ein Waldstück zu, laufe aber links daran auf der Straße vorbei in Richtung Heiderhof und Ließem. Ich passiere ein Wegekreuz aus dem Jahr 1709 mit einer Ruhebank sowie einen Bolzplatz. Hier begegnen mir tatsächlich einige Leute mit ihren Hunden, ich dachte schon, ich wäre allein auf der Welt. Am Bolzplatz nehme ich den linken Schotterweg, den ich allerdings an einer Obstplantage nach links verlasse. Ich ignoriere die nächste Kreuzung und erreiche ein Heiligenhäuschen, vor dem ich den abknickenden Wiesenweg ins Tal nehme. Dort ist schon mein Zielort Niederbachem zu sehen. Unten angelangt, gehe ich nach links und laufe abschließende weiterhin abwärts die „Gereonstraße“, bis ich nach rund 20 Kilometern die heutige unspektakuläre Pilgeretappe beende. Mit dem Bus fahre ich zum Bahnhof Mehlem, ab dort geht es mit dem Zug weiter nach Hause.
12.07.2013: 3. Tag Niederbachem - Sinzig (25 km)
Ich beende heute meine Dienstzeit etwas früher, um eine weitere Etappe des Linksrheinischen Jakobsweges abzugehen. Mit dem Bus fahre ich zum Bonner Hauptbahnhof, wo ich noch eine mögliche Wegvariante der vorherigen Etappe überprüfe. Anschließend nehme ich den Zug nach Mehlem, von dort geht es mit dem Bus nach Niederbachem. Nach einer guten Stunde habe ich meinen Startpunkt endlich erreicht. An der St. Gereon-Kirche geht es schließlich los. Das erste Stück Weg führt mich aufwärts zum Ortsausgang, jetzt auch endlich mit der üblichen gelben Jakobsmuschel auf blauem Grund markiert. Auf einer Kreuzung befinden sich eine Basaltstele und ein Hinweisschild zum Rolandsbogen. Hier beginnt auch das Naturschutzgebiet Rodderberg. Ich gehe auf dem äußeren Kamm des erloschenen Vulkankegels entlang und komme zum Heinrichsblick, der historischen Richtstätte von Mehlem, und habe einen wunderschönen Ausblick auf das gegenüber liegende Siebengebirge. Kurz darauf überschreite ich die Landesgrenze von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Von links gesellt sich der am Rolandsbogen beginnende RheinBurgenWeg. Der Rolandsbogen ist das wiederaufgebaute Überbleibsel der Burg Rolandseck und nur über eine sehr steile Straße erreichbar. Der wunderschöne Auslbick in das Rheintal entschädigt jedoch für den zusätzlichen Schweißfluss. Ich laufe weiter auf der Straße an Walnussbäumen und dem Rodderberghof vorbei, bis ich in einer Rechtskurve nach links in in einen Wald abbiege. Ich bleibe auf dem Hauptweg, abwärts durch das Rolandswerther Bach-Tal bis zu einem Teich. Dahinter nehme ich einen ansteigenden Weg, der an einer Zuliefererstraße des Arp-Museums endet. In dem Museum werden neben den Werken des Künstlerehepaares Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp, beide bedeutende Vertreter des Dadaismus, Werke zeitgenössischer Künstler in Sonderausstellungen gezeigt. Weiterhin wird ein wechselndes musikalisches und literarisches Programm angeboten. Das Museum ist trotz der scheinbaren Nähe nicht unmittelbar vom Weg aus erreichbar. Der Zugang erfolgt über den Bahnhof Rolandseck. Es geht wieder einmal aufwärts, dieses Mal an einem Zaun entlang. Dahinter befindet sich der Wildpark Rolandseck und ich muss ein steiles Stück bewältigen. Es geht jetzt leicht wellig durch den Wald, wobei ich mit 228 Metern den höchsten Punkt des heutigen Tages erreiche. Schließlich bin ich am Sportplatz von Oberwinter und gehe am Rande der Häuser auf einem Grasweg entlang. Hier habe ich die Möglichkeit, mich zu verpflegen, denn am Wegesrand wachsen auf einem längeren Stück Walderdbeeren. Nach der Ernte bin ich stolzer Besitzer einer Hand voll kleiner Beeren, die mir sehr gut schmecken. Von Oberwinter muss ich einen extrem steilen Pfad abwärts nach Bandorf nehmen und laufe unten angekommen an einem Bach auf dem St.-Josefs-Pfad entlang. Ich bleibe auf einem Weg parallel zu einer Kreisstraße und gelange so nach Unkelbach. Dort verlasse ich den markierten Weg, um mir die St. Remigius-Kirche anzusehen, die jedoch leider verschlossen ist. Bei der Fortsetzung des Pilgerweges stoße ich an einer Lichtung auf einen Hinweis, dass die Route aufgrund von Wald- und Forstarbeiten vorerst gesperrt sei. Eine Karte mit der Beschreibung der Umleitung hängt darunter. Ich lasse mich davon aber nicht abhalten, da ich die Beschilderung des Weges kontrollieren möchte. Zwischen einer Baumallee werde ich abwärts geleitet und lande im romantischen Taubental. Klar, dass ich hier wieder einen Anstieg auf einen Bergrücken vor mir habe. Weiter oben stoße ich auf einen See, der mit einer grünen Oberfläche versehen ist. Dahinter befindet sich an einer Landstraße der Wohnplatz Waldschlösschen. Ich wende mich nach links, passiere nach einigen Metern einen Marien-Bildstock und nehme in Scheitel der Straßenkurve einen Weg in den Wald hinein. Die Scharfenberger Hütte lasse ich rechts liegen und erreiche bald die Statue des Heiligen Franziskus mit einem herrlichen Blick auf die Apollinariskirche und das Rheintal. Über eine Treppe gelange ich zur Kirche und dem Konventgebäude. Die Kirchenbesichtigung nutze ich zu einer kurzen Pause und komme bei einem Geben ein wenig zur Ruhe. Die Kirche ist bis auf ganz wenige Fenster von nazarenischen Künstlern mit Ausschnitten aus dem Leben Jesu, Mariens und des Heiligen Apollinaris ausgestaltet worden und vermittelt eine gewisse Wärme und Geborgenheit. Leider ist es mir nicht möglich, einen Stempel für meinen Pilgerausweis zu bekommen. Ich verlasse den Kirchplatz abwärts an Kreuzwegstationen vorbei und gelange zur Kapelle St. Maria in der Lee. Da ich mir noch die Stadtkirche St. Peter und Paul mit einem Jakobusfresko aus dem 13. Jahrhundert ansehen möchte, biege ich links ab zur Unterführung der B9. In der Kirche suche ich das Bildnis allerdings vergebens, ich vermute es in dem nicht geöffneten älteren Teil. So gehe ich zurück zur Marienkapelle und stehe kurz darauf vor dem extrem steilen Victoriabergweg. Hier möchte ich nicht wohnen. Im Winter ist es sicherlich unmöglich, hier noch mit dem Auto zu fahren. Schließlich erreiche ich am Waldrand einen Parkplatz mit einigen Informationstafeln. Von hier ist es nicht mehr weit bis zu einer Straußenfarm. Ich gehe über den Parkplatz und verlasse den breiten Hauptweg auf Höhe eines alten Judenfriedhofes. Dafür stehen jetzt in unregelmäßigen Abständen am Wegrand Informationstafeln zur den ansässigen Bäumen. Es folgt ein weiteres Waldstück bevor es zum letzten Mal für heute deutlich bergab geht. Mich wundert, dass auf dem sehr schmalen Pfad auch schon ein Auto entlang gefahren ist, wie mir die Spuren verraten. Zunächst laufe ich oberhalb von und dann durch Bad Bodendorf. Ich überquere an der St. Sebastianus-Kapelle die Ahrtalstraße und erreiche den Soldatenfriedhof. Hier habe ich vor einigen Jahren während meiner Dienstzeit im benachbarten Bad Neuenahr die Gräber und Anlagen vor dem Volkstrauertag gepflegt. Der letzte Abschnitt führt mich an die Ahr und das Tiergehege Schwanenteich. Jetzt ist es nicht mehr weit bis nach Sinzig. Auf Höhe des Schlosses führt eine Treppe zu einem Kriegerdenkmal und weiter zur romanischen Pfarrkirche St. Peter. Dort findet derzeit ein Gottesdienst statt, den ich nicht stören möchte. Stattdessen besorge ich mir in einem Supermarkt eine Kleinigkeit zu essen und Trinken und warte anschließend am Bahnhof auf meinen Zug nach Koblenz.
27.07.2013: 4. Tag Sinzig - Andernach (24 km) Und wiederum steht eine Etappe auf dem linksrheinischen Jakobsweg an. Meine Frau wird heute auf einem Flohmarkt versuchen, unseren Verschlag auf dem Dachboden etwas zu entleeren. So nutze ich zugleich die Gelegenheit, bereits sehr früh mit dem Zug nach Sinzig zu fahren und von dort nach Andernach zu pilgern. Diesen Abschnitt widme ich den vielen Opern des schrecklichen Zugunglücks in der Nähe von Santiago de Compostela. Ich starte vor der Stadtpfarrkirche St. Peter, die jetzt um 7.00 Uhr noch verschlossen ist. Auf dem Kirchplatz scheint gestern Abend ein Fest gewesen zu sein. Es stehen einige Verkaufsbuden und vereinzelt Weingläser auf den Sitzgarnituren herum. Über die Treppe des Gefallenendenkmals steige ich zur Barbarossastraße hinab und gehe durch den Lunapark. Ich komme an einem Rest der mittelalterlichen Stadtmauer heraus und habe den ersten, wenngleich leichten, Anstieg des heutigen Tages vor mir. Es geht auf einem asphaltiertem aufwärts auf den Waldrand zu. Dort befinden sich ein Parkplatz und eine Schutzhütte, wo ich mir etwas Sonnenschutzcreme auf die Arme schmiere. Ich stelle fest, dass ich schon zu schwitzen begonnen habe. Der Weg führt mich an einem Bilderstock mit einem Marienmosaik vorbei in den Wald hinein. Hier ist es bis auf Vogelgezwitscher sehr ruhig. Mich stören allerdings die zahllosen Insekten, die entweder brummend an meinen Ohren oder in der Nähe meines Gesichtes vorbeischwirren. Sie lassen sich auch durch mein andauerndes Wegschlagen nicht vertreiben. Durch die Baumreihen strömen nun vereinzelte Sonnenstrahlen, die sich zu dicken Bündeln vereinigen und für eine friedvolle Atmosphäre sorgen. Schließlich erreiche ich die Hochebene Mönchsheide. Hier habe ich schon öfter an einem Volkslauf teilgenommen, der allerdings heute leider nicht mehr ausgerichtet wird, es war immer eine schöne Veranstaltung. In der Ferne ist das Segelfluggelände zu sehen, direkt vor mir der der Gutshof Mönchsheide. Ich gehe am Waldrand weiter bis zur Hubihütte und tauche dahinter in den Förster-Steffens-Weg ein. Nach rund 200 m biegen ich nach rechts in einen unscheinbaren Waldpfad ab, der etwas später auf einem Holzschild als Manhillenweg bezeichnet wird. Ein paar Treppenstufen weiter und ich stehe auf dem Parkplatz der Schäferhütte, wo ich die Fahrstraße überquere und weiter auf dem Förster-Steffens-Weg abwärts nach Bad Breisig, konkret zum Stadtteil Oberbreisig, laufe. Ich quere die Frankenbachstraße, gehe an einem Spielplatz nach rechts durch ein Wohngebiet, bis zur romanischen Pfarrkirche St. Viktor. Die Kirche ist bereits geöffnet und wird gerade gereinigt. Ich schaue mir die Fresken aus dem 14. Jh. an, unter anderem auch die Darstellung einer Pilgerkrönung durch den Hl. Jakobus. Sie wird als Hinweis auf den mittelalterlichen linksrheinischen Pilgerweg nach Santiago de Compostela gedeutet. Ich entzünde eine Kerze für die Opfer des Zugunglücks und spreche ein Gebet. Nach dem Kirchenbesuch marschiere ich weiter bis zur Römertherme. Der Weg geht durch einen kleinen Park mit Springbrunnen und Trinkpavillon. Ich koste von dem Thermalwasser, einem eisenhaltigen Säuerling aus der im Jahre 1912 angebohrten Geyr-Quelle. Kurz vor eine Tennisanlage biege ich in den Wald ab und erklimme auf einem schmalen Waldpfad den nächsten Anstieg. Ich passiere die Mariensäule aus Basaltlava mit einem schönen Blick in das Rheintal. Die Säule wurde 1957 zum Dank für die wiedersprudelnde Marienquelle errichtet, die im Krieg durch Bombenabwürfe versiegte. Es geht abwärts bis zum Vinxtbach, der zu Zeiten der Römer die Grenze zwischen den Provinzen Obergermanien mit der Hauptstadt Mainz und Niedergermanien mit der Hauptstadt Köln darstellte. Vor mir sehe ich entsetzt auf die weitere Streckenführung: es geht steil bergauf in Richtung Burg Rheineck. An einer Steinsäule verlasse ich den Fahrweg nach rechts und steige weiter aufwärts durch den Wald. Es folgen einige in den Schieferfels geschlagene Stufen bis zu einem weiteren Abzweig, wo ich den noch etwas höher gelegenen Aussichtspunkt Reutersley aufsuche. Dort habe ich einen wunderschönen Blick auf Burg Rheineck und das Rheintal. Der Weg windet sich nun am Hang entlang und endet in Brohl. Ich gehe zunächst oberhalb des Ortes durch einen verkehrsberuhigten Bereich und statte der Kirche St. Johannes der Täufer einen Besuch ab. Die Kirche ist zumindest geöffnet, allerdings wird der Zugang durch eine Glastür versperrt. Am Ortsausgang fülle ich meinen Getränkevorrat in einer Bäckerei mit Lebensmittelanteil auf, denn meine drei Flaschen Wasser sind nahezu leer. Es geht jetzt hinter dem Betriebsgelände der Brohltaleisenbahn, einer Schmalspurlinie durch das Brohltal, vorbei. Ich überqueren die Gleise und beginnen auf einem schmalen Pfad neben dem letzten Haus den steilen Aufstieg. Nach den ersten Serpentinen bin ich bereits erleichtert, einen Aussichtspavillon mit einem traumhaften Blick auf Brohl zu erreichen. Mir läuft der Schweiß die am Kopf herunter, meine Herzfrequenz steigt. Ein weiteres Stück höher muss ich die sogenannte Eselstreppe bezwingen, die aus in den Fels geschlagenen Stufen besteht und ein Stahlseil zur Hilfestellung anbietet. Von einem noch höher gelegenen Fahnenmast bietet sich mir ein wunderschöner Ausblick auf das Rheintal und das Brohltal. Ich laufe an einer eisenzeitlichen Abschnittsbefestigung, bestehend aus zwei Wällen, vorbei und erreiche den Alkerhof. Nicht weit davon entfernt ragt ein rechts neben mir eine Wand mit Lavaschichten empor. Ein kleiner Pfad bringt mich aufwärts in das Gebiet eines ehemaligen römischen Steinbruches. Auf Schautafeln wird Wissenswertes zum Steinbruch und zum Vulkanismus dargestellt. Nach einer weiteren Waldpassage erreiche ich am Waldrand das eingezäunte Gelände des Knopshofs. Auf einer asphaltierten Straße wandere ich von Ackerland umgeben durch freies Gelände und gehe durch den Weiler Geishügelhof. Von hier oben aus kann ich sogar die Weinberge von Leutesdorf auf der anderen Rheinseite erkennen. Vor dem Hüttenhof zweige ich nach links ab und verliere rasch durch Nadelwald gehend an Höhe. Für einen Moment mache am Wegesrand Halt und ernte eine Hand voll süße Himbeeren. Schließlich bin ich an der katholischen Pfarrkirche St. Bartholomäus in Namedy. Ich kann nur kurz in die Kirche reinschauen, denn in einer Viertelstunde findet hier eine Trauung statt und ein Chor probt noch einige Lieder. Draußen treffe ich den Bräutigam, dem ich viel Glück für seine Ehe wünsche. So mache ich mich auf das letzte Stückchen Weg, schon kenne. An der nächsten Ecke stoße ich auf den Eifel-Camino, der die Pilger nach Trier bringt. Ich durchwandere Namedy und erreiche vier Kilometer weiter die Andernach Liebfrauenkirche, auch Mariendom genannt. Natürlich mache ich zum Abschluss des Pilgertages noch einen kleinen Rundgang mit Besinnung durch die Kirche, bevor es mich in die Fußgängerzone zieht. Dort schaue ich mir noch die evangelische Christuskirche an, die in früheren Zeiten die Kirche eines Minoritenklosters war. Letztendlich möchte ich mir das Jakobus-Fresko in der Hospitalkirche St. Josef anschauen, aber auch hier findet in wenigen Minuten eine Trauung statt. So bleibt mir nichts anderes übrig, als ein Eis zu kaufen und mit der Bahn wieder nach Hause zu fahren, wo ich von meiner Frau Susanne am Bahnhof abgeholt werde.
12.08.2013: 5. Tag Andernach - Koblenz (29 km)
Ich gehe in meine zweite Urlaubswoche in den Sommerferien. Meine Frau muss an drei Tagen arbeiten, mein Sohn besucht einen Kurs für den Übungsleiterschein, ich gehe pilgern. Der Linksrheinische Jakobsweg erwartet mich dreimal in dieser Woche. Heute steht die längste Etappe an, die vor dem Mariendom in Andernach, am Pilgerstein des Eifel-Caminos, beginnt. Bevor es richtig losgeht, hole ich mir im Pfarramt gegenüber einen Stempel für den Pilgerausweis. Die Pfarrsekretärin möchte mir einen Flyer für den Weg in die Hand drücken, doch ich lehne dankend ab und offenbare mich als der Verantwortliche dafür. Anschließend gehe ich durch die Breite Straße quer durch Andernach bis zum Sport- und Freizeitzentrum. Ich nutze die Unterführung der K 47 und begebe mich an das Flüsschen Nette, dem ich an Maisfeldern und dem Gut Nettehammer bis nach Miesenheim folge. In der Neuwieder Straße steht seit wenigen Wochen ein Insektenhotel, auf dessen Rückseite ein Hinweisschild zur Streckenteilung des Eifel-Caminos und des Linksrheinischen Jakobswegs befestigt ist. Weiter geht es über einen Spielplatz und mehrere kleine Brücken über die Nette. Bevor ich Miesenheim wieder verlasse, statte ich meinem Pilgerfreund Franz einen Besuch ab. Zum einen erhalte ich von ihm den Pilgerstempel von Miesenheim, zum andern ist er der Projektleiter des Linksrheinischen Jakobsweges und wir haben immer etwas darüber zu besprechen. So halte ich mich fast fünfundvierzig Minuten bei ihm und seiner Frau Agnes auf. Schließlich gehe ich zu dem Punkt zurück, an dem ich den markierten Weg verlassen habe. Dort gehe ich noch einmal über eine Brücke, überquere an einer Turnhalle einen Bolzplatz und habe weitflächiges Ackerland vor mir. Dieses wird jedoch schon bald durch Obstplantagen abgelöst. An einem Wegkreuz aus dem Jahr 1646 mit zwei Ruhebänken mache ich einen kurzen Halt, da es zu tröpfeln beginnt. Ich ziehe den Regenschutz über meinen Rucksack und gehe zwischen Holunder- und Zwetschgenbäumen nach Kettig. Am anderen Ende von Kettig laufe ich durch Streuobstwiesen und habe das Glück, mit reifen Zwetschgen, Mirabellen und Kirschen meinen Hunger zu stillen. Solche Wegabschnitte sind mir immer herzlich willkommen. Blöderweise habe ich mir außer Wasser nichts zu essen mitgenommen. Eine Gelegenheit zum Einkauf gab es bisher noch nicht. Oberhalb von Mülheim-Kärlich verliere ich ein wenig den Überblick und laufe einfach weiter geradeaus. Da ich keine Wegzeichen mehr finde, entschließe ich mich, umzudrehen. Und siehe da - ich habe einen Abzweig verpasst. Hinter Mülheim-Kärlich geht es ein wenig aufwärts - natürlich durch Obstwiesen – und nach einer unübersichtlichen Kurve sehe ich am Horizont bereits den Kirchturm vom Koblenzer Stadtteil Rübenach. Auf dem Feldweg kommt mir ein riesiger Mähdrescher entgegen, der eine staubige Wolke hinter sich herzieht. Kurz vor mir biegt er auf ein Getreidefeld ein und macht sich über die Halme her. Ich sehe zu, dass ich hier wegkomme, bevor es noch staubiger wird. Bei der Durchquerung von Rübenach passiere ich mehrere Pilgersteine, die von einer Bürgerinitiative gesetzt worden sind. Dazu gesellen sich bereits einige Vogelnistkästen mit Wegzeichen darauf. Erneut kommt mir bei einem leichten Aufstieg ein Mähdrescher entgegen, jedoch verlangsamen gerade jetzt einige Kirschbäume mit leckeren Früchten mein Tempo. Ich gehe über eine Brücke, laufe an einem Reiterhof vorbei und biege schließlich auf eine lange Gerade ein, die mit zahlreichen Schlaglöchern versehen ist. Am Horizont vor mir sehe ich den Koblenzer Fernsehturm, der mir die Richtung vorgibt. An der Wand eines Gebäudes hängt ein Fledermauskasten, der allerdings mit der Wegmarkierung des Mosel-Caminos beklebt ist. An den ersten Weinstöcken geht es endlich abwärts. Links davon habe ich von einer Grillhütte eine tolle Aussicht auf die Mosel und den Koblenzer Stadtteil Güls. Etwas oberhalb, beinahe im Wald versteckt, befindet sich eine Kapelle. Auf dem Weg nach Güls komme ich an Kreuzwegstationen vorbei und erreiche schließlich an einer weiteren Kapelle den Stadtteil. An der Durchgangsstraße verlasse ich die markierte Route, um einen kurzen Abstecher zur katholischen Pfarrkirche St. Servatius zu machen. Dabei laufe ich an der alten romanischen Pfarrkirche vorbei, die in den nächsten Tagen nach einer umfangreichen Renovierung wieder geöffnet wird. Auf dem Rückweg kaufe ich mir in einem Supermarkt noch etwas zum Trinken und setze dann meinen Pilgertag über die Eisenbahnbrücke nach Moselweiß fort. Auch hier mache ich noch einen Abstecher zur katholischen Pfarrkirche St. Laurentius, die jedoch verschlossen ist. Das letzte Stück der heutigen Etappe gehe ich direkt am Moselufer entlang bis zum Deutschen Eck. Ich besuche noch kurz die St.-Kastor-Basilika und schlendere an der Jakobuskapelle vorbei. Nun steht mir noch der Heimweg quer durch Koblenz bevor. Unterwegs werfe ich einen Blick in die City-Kirche, der Heimat unseres monatlichen Pilgerforums. Dort treffe ich Pater Martin, mit dem ich mich noch ein wenig unterhalte.
14.08.2013: 6. Tag Koblenz - Rhens (18 km) Heute ist ein besonderer Tag. Ich bin um 9 Uhr am Startpunkt der nächsten Etappe des Linksrheinischen Jakobsweges, am Deutschen Eck, mit einer Redakteurin der Trierer Bistumszeitung „Paulinus“ zu einem Interview verabredet. Sie hat meine Website gesehen und war der Meinung, dass ich der Richtige für ein Portrait in der Zeitung wäre. Wegen eines Staus auf der Autobahn erscheint sie etwas später am Treffpunkt. Ich nutze die Zeit und schnitze ein wenig an meinem Pilgerstab. Wir unterhalten uns sehr nett und ich gebe gerne Antworten auf ihre gut vorbereiteten Fragen. Dabei schweife ich manchmal in sehr kleine Details ab und erzähle über meine Aktivitäten im Internet, meine Pilgerwanderungen im In- und Ausland sowie den Linksrheinischen Jakobsweg. Nach fast neunzig kurzweiligen Minuten auf den Stufen des Kaiser-Wilhelm-Denkmals hat die junge Frau einige Seiten mit Notizen beschrieben. Sie macht am ersten Muschelwegweiser in den Rheinanlagen ein paar Photos, danach verabschieden wir uns voneinander: sie besucht noch eine Studienfreundin, ich starte meinen Pilgertag in Richtung Rhens. Zunächst geht es durch die Rheinanlagen, an der Talstation der Seilbahn zur Festung Ehrenbreitstein vorbei. Im weiteren Verlauf des Wegs am Rheinufer entlang unterquere ich die Pfaffendorfer Brücke, gehe am Weindorf und dem Kaiserin-Augusta-Denkmal vorbei. Kurz hinter einer weiteren Brücke nehme ich einen leicht ansteigenden Weg zu einer Eisenbahnunterführung und marschiere dahinter in ein kleines Waldstück hinein. Hinter einer Holzbrücke biege ich nach rechts ab, überwinde ein paar Treppenstufen und nutze die Überquerungshilfe für Fußgänger über die stark befahrene B 42. Auf der anderen Seite schwenke ich nach ca. 300 m links in einen aufwärts führenden Pfad ein, der sich in Serpentinen steil nach oben zum Parkplatz der Gedenkstätte der Rittersturzkonferenz zieht. Dort habe ich einen ersten wunderschönen Ausblick auf das Koblenzer Becken. Es geht weiter durch den Wald bis zur Schutzhütte auf den Dommelsberg, einem weiteren Aussichtspunkt. Hier mache ich eine erste Rast und vertilge ein halbes Hähnchen, das ich in der Stadt gekauft hatte. Es folgt die Schutzhütte Weidgenhöhe und anschließend die nächste Herausforderung: der 500 m lange, sehr steile Anstieg zum Hasenberg. Oben angekommen, wende ich mich nach links in Richtung Stolzenfels. Unterwegs öffnet sich der Blättervorhang ein wenig und lässt einen Blick auf Schloss Stolzenfels zu. Der markierte Weg führt mich jedoch wieder in die Höhe, gemeinsam mit dem hier ebenfalls ausgeschilderten Mosel-Camino nach Trier. Vogelnist- und Fledermauskästen mit gelben Pfeilen sowie etwas andere Muschelwegweiser zeigen unverkennbar den Verlauf dieses Jakobsweges an. Hinter einer großen Kreuzung erreiche ich die Wegtrennung der beiden Pilgerrouten. Ein Schild auf der Rückseite eines Wildbienen-Hotels informiert über die entsprechende Richtung der Wege. Ich entscheide mich für die linke nach Bingen, marschiere durch Wald und lasse mich erst an einer „Sinnesbank“ am Waldrand zu einer Ruhepause überreden. Von hier aus laufe ich abwärts auf einem Grasweg erneut in Waldgebiet hinein und erreiche das St. Antonius-Heiligenhäuschen. Der weitere Verlauf führt mich durch Streuobstwiesen bis zur L 208 und kurz darauf dem alten jüdischen Friedhof von Rhens. Nur ein paar Schritte weiter biege ich hinter einem Sendemast scharf nach links ab und laufe in Serpentinen zum Teil steil abwärts über eine lichte Fläche. Von einer Bank aus habe ich einen wunderschönen Blick auf Rhens und im Hintergrund auf die Marksburg in Braubach auf der anderen Rheinseite. Nach einem kurzen Abstecher zum Königsstuhl endet meine Etappe am Viehtor in Rhens. Ich schaue mir noch die beiden Rhenser Kirchen an, St. Dinoysius mit einer Jakobusstatue sowie St. Theresia, und entzünde ein paar Kerzen. Am Bahnhof muss ich leider feststellen, dass mein Zug in Richtung Koblenz vor fünf Minuten abgefahren ist, der nächste fährt erst in knapp einer Stunde. So mache ich noch einen Spaziergang und kaufe mir eine große Portion Eis. Natürlich bin ich rechtzeitig wieder am Bahnhof und lasse mich nach Hause fahren.
16.08.2013: 7. Tag Rhens - Bad Salzig (17 km) Zum dritten Mal in dieser Woche begebe ich mich auf eine Etappe des Linksrheinischen Jakobsweges. Heute fahre ich ausnahmsweise einmal mit dem Auto zum Start in Rhens. In der Nähe der historischen Stadtmauer und dem Viehtor stelle ich das Auto ab und schon geht es los. Zunächst muss ich in die höheren Gefilden von Rhens aufsteigen - dies geschieht überwiegend über mehrere steile Treppenabschnitte. Oben angekommen, laufe ich zunächst gerade, finde aber keine Wegzeichen mehr. Also kehre ich um zur letzten Muschel und muss feststellen, dass ich den Abzweig nach links in einen Wiesenweg verpasst habe. Dieser verläuft oberhalb der Häuser und an Obstbäumen vorbei bis zur Josefskapelle. Auch dort habe ich zunächst Schwierigkeiten, den richtigen Weg zu finden, werde sogar von einem Einwohner mit Hund zurückgerufen. Wir unterhalten uns ein wenig über die Wanderwege der Region, ich erzähle über „unseren“ Jakobsweg. Schließlich gehe ich in die korrekte Richtung und passiere auf dem abwärts führenden Pfad ein großes Insektenhotel. An der nächsten Wegkreuzung muss ich mich erneut nach den Markierungen umsehen, finde sie dann aber doch. Vor einer Rechtskurve werde ich auf einen nur 100 m entfernten Sauerbrunnen aufmerksam gemacht. Ich folge dem Hinweis und erfrische mich ein wenig, das Wasser schmeckt köstlich. Hätte ich meine Wasservorräte schon verbraucht, würde ich sie hier auffüllen. Ein leichter Anstieg bringt mich nach Brey, wo ich nach einem Stück Straße erneut ins Grübeln komme. Dabei habe ich anscheinend wieder einmal einen Wegweiser übersehen, blicke suchend in meine Wanderkarte. Das bleibt nicht unbemerkt und ein älterer Herr zeigt mir den richtigen Weg. Und siehe da - hätte ich die Augen aufgemacht, wäre mir die gelbe Muschel auf blauem Grund nicht verborgen geblieben. Ich hoffe, dass es heute so nicht weiter geht und ich den Rest des Weges ohne Probleme finde. Es geht jetzt durch einen romantischen Hohlweg mit weichem Untergrund. Immer wieder blinzelt die Sonne durch die dicht bewachsenen Ränder. Es herrscht eine angenehme Ruhe, die hin und wieder durch Vogelgezwitscher unterbrochen wird. Weiter oben gesellt sich von links kommend der Traumpfad Rheingoldbogen dazu und bringt mich zu einer Schutzhütte. Davor ist eine so genannte Sinnesbank platziert. Die ist ergonomisch geformt, so dass man in einer halb liegenden Position den Ausblick genießen kann. Da ich jedoch noch nicht so lange unterwegs bin, halte ich mich nicht allzu lange auf. Unterwegs passiere ich ein Gedenkkreuz für einen im Jahre 1852 dort verstorbenen Pilger aus Koblenz sowie eine Grabhügelgruppe aus früher Vorzeit. Zum Glück geht es überwiegend durch den kühlenden Wald, wenn auch noch ansteigend. Mitten im Hang, etwas unterhalb des Weges, befindet sich eine weitere Sinnesbank, auf der sich ein Mountainbiker zu einer Rast niedergelassen hat. Er bietet mir an, etwas Platz zu machen, doch ich möchte weiter. Ich genieße den ersten schönen Ausblick auf das Rheintal und mache ein Photo. Hinter der nächsten Weggabelung erreiche ich zwei Ruhebänke und biege unmittelbar dahinter in einen schmalen Pfad abwärts ein. Ein Blick in die Wanderkarte macht mich unaufmerksam und ich knalle mit dem Kopf gegen den Stamm eines umgefallenen Baumes. Nach dem Einstieg zu einem Klettersteig komme ich zur Engelseiche und einer Schutzhütte. Links neben dem mächtigen Baum nehme ich den zunächst aufwärts führenden Pfad, der mich jedoch bald zu einer tiefer gelegenen Schutzhütte des Köhlervereins Boppard und einem abenteuerlichen Mountainbike-Parcour bringt. Kurz darauf bin ich an einer Gaststätte und am Vierseenblick. Von einer bestimmten Position sieht man vom Rhein vier einzelne Abschnitte, die diesem Ort den Namen gegeben haben. Nach wenigen Schritten auf einem schmalen Waldpfad gelange ich zu einem weiteren Aussichtspunkt mit Gasthaus - dem Gedeonseck. In unmittelbarer Nähe befindet sich die Bergstation des Sesselliftes nach Boppard. Nun geht es steil mit alpinem Charakter abwärts. Unterwegs habe ich dauerhaft einen tollen Blick auf Boppard und über mir schwebt lautlos die Sesselbahn hinweg. Auf dem Weg zum Rheinufer gehe ich am St. Remigius-Heiligenhäuschen vorbei. Die Promenade ist schon sehr belebt. Zahlreiche Touristen haben sich in den Straßencafés niedergelassen und japanische Gäste suchen nach geeigneten Objekten zum Photographieren. Ich suche zunächst das katholische Pfarramt auf, um mir einen Stempel für den Pilgerausweis abzuholen. Dass mir die freundliche Pfarrsekretärin gleich den Stempel von Bad Salzig gibt, freut mich umso mehr. Wir unterhalten uns ein wenig, auch über den Linksrheinischen Jakobsweg. Danach besuche ich die St. Severus-Kirche und zünde dort ein paar Kerzen an. Für den weiteren Weg besorge ich mir auf dem kleinen Wochenmarkt vor der Kirche etwas Wurst und Käse gegen den eintretenden Hunger. Danach laufe ich durch die ganze Stadt, unterquere an der mittelalterlichen Stadtmauer die B 9 und biege hinter der Realschule Marienberg nach rechts auf einen Pfad entlang dem Schulgelände. Ein verfallenes Bild gibt dabei das von hier aus gut sichtbare ehemalige Kloster Marienberg ab, für das nach einigen Gerichtsverfahren statt einem Abriss eine Sanierung im Raume steht. Ich pilgere durch den bereits seit einigen Jahren der Öffentlichkeit zugänglichen Marienberger Park und habe dahinter einen kurzen, aber heftigen Aufstieg bis zu einer Schutzhütte vor mir. Hier habe ich einen schönen Ausblick auf die Stadt und verweile einige Minuten, um meinen Imbiss zu verzehren. Gut gestärkt mache ich mich auf das verbliebene Stück Weg nach Bad Salzig. Ich bewege mich durch ein paar Kleingärten und an einem Hof vorbei und lande schließlich am Ausblick Thonethöhe. Auf meinem Weg an der Hangkante komme ich in unregelmäßigen Abständen an weiteren solcher Punkte vorbei. Besonders sehenswert ist eine Stelle mit Aussicht auf die auf der anderen Rheinseite liegenden Burgen Sterrenberg und Liebenstein. Dort befindet sich nämlich genau im Blickfeld ein geschnitztes Modell der beiden Burgen. Das Höhenplateau verlasse ich nach einem Abschnitt durch Streuobstwiesen nach links in den Wald hinein und verliere zunehmend an Höhe. Bald darauf erreiche ich die ersten Häuser von Bad Salzig und gehe zunächst nach rechts zur evangelischen Kapelle. Diese ist, fast wie erwartet, verschlossen, sodass ich umkehre und in den Ort laufe. Mein Ziel ist die katholische Kirche St. Aegidius, in der ich zwei Kerzen an der Pieta entzünde. Damit beende ich den heutigen Pilgertag. Bevor ich mit dem Zug nach Hause fahre, besorge ich mir in einer Bäckerei noch etwas zu trinken und einen leckeren Milchshake.
30.08.2013: 8. Tag Bad Salzig - St. Goar (17 km) Meine Erkundungstour auf dem Linksrheinischen Jakobsweg geht heute weiter. Nach dem Dienst fahre ich direkt nach Bad Salzig und suche mir in der Nähe des Bahnhofs einen Parkplatz für mein Auto. Es liegen einige steile Anstiege bis zum heutigen Ziel St. Goar vor mir. Bevor ich an der St. Ägidius-Kirche starte, entzünde ich darin an der Pieta eine Kerze. Dann gehe ich entlang der Römerstraße bis zum Quellpavillon, wo ich auf den markierten Weg treffe. Dieser schlängelt sich auf der anderen Straßenseite am Hang aufwärts zum Rand des Kurparks. Ich gehe unterhalb des Sportplatzes auf einem Feldweg, der bald zu einem schmalen Pfad wird. Nach einem ersten leichten Anstieg erreiche ich einen Aussichtspunkt mit einer Sinnesbank und freiem Blick auf Bad Salzig. Einige Höhenmeter weiter gelange ich zum nächsten Aussichtspunkt. Hinter der dortigen Sitzbank folge ich einem Wiesenweg, der schon bald nach rechts abknickt. Ich laufe an einigen eingezäunten Gärten vorbei bis nach Weiler. Der Weg endet an einer asphaltierten Straße, in die ich nach links einbiege. An einem Zaun ist ein Kreuz angebracht, hier gehe ich nach links in die Straße „Zur Kleeburg“ und gelange zur St. Peter-Kirche aus dem 13. Jahrhundert und dem Friedhof. Zu meiner Überraschung ist die Kirche geöffnet und ich werfe einen Blick hinein. Das Innere macht einen gepflegten Eindruck. Der Raum ist hell und die Wände mit bunten Fresken bemalt. Der etwas zurückversetzte Chor erscheint mir ungewöhnlich, in dieser Anordnung habe ich das bisher noch nie gesehen. Bevor ich weitergehe, entzünde ich auch hier eine Kerze. Am Ausgang von Weiler geht es stark abwärts ins Tal zur Alten Mühle und zum Weilerbach, den ich ein paar Schritte begleite, bis ich ihn überquere. Dann erwartet mich der steil ansteigende, teilweise mit überhöhten Treppenstufen versehene Eselspfad. An einer weiteren Sinnesbank bin ich der Überzeugung, oben angekommen zu sein, doch hinter dem Ausblick steigt der Pfad an einer Ruine vorbei bis zu einem Waldweg und einer Schutzhütte weiter an. Nach einer kurzen, aber wohlverdienten Pause folge ich einem flachen Weg und tauche in den kühlenden Wald ein. Inzwischen ist es nämlich richtig warm geworden. Am nächsten Aussichtspunkt mit Sitzgelegenheiten weisen mir die Schilder die Richtung nach Hirzenach, doch laut einem Hinweisschild ist der Weg aus Sicherheitsgründen gesperrt. Ich entscheide mich trotzdem für diesen Weg über alte Trockenmauern und Stiegen, zum Teil mit Unterstützung von Stahlgeländern. So schlimm erweist sich der Abstieg dann doch nicht und ich erreiche ohne Probleme die alte B 9. Es geht rechter Hand weiter bis zum Probsteihaus aus dem 18. Jahrhundert und dem vorgelagerten, terrassenförmig angelegten Probsteigarten. Die dahinter liegende Pfarrkirche St. Bartholomäus ist leider verschlossen. Gegenüber einem Brunnen in unmittelbarer Nähe zur Villa Brosius, der ersten Kirche in Hirzenach aus dem 11. Jahrhundert, führt ein schmaler Pfad an ein paar Häusern vorbei zu einer Alyosius-Kapelle. Dahinter erwartet mich ein kurzer, aber beschwerlicher Aufstieg bis zu einem breiten Weg. Es geht immer noch aufwärts, allerdings jetzt etwas moderater. Kurz hinter einem schönen Aussichtsplatz mit einer Holzstatue (eine Frau mit einer Getreidegarbe und einer Eule auf den Schultern) treffe ich auf die ersten vorgelagerten Häuser von Holzfeld. Ich bleibe auf einem Wiesenweg, laufe anschließend durch das Dorf und passiere den Friedhof und einen Ziegenhof. Nach einem Stück durch Weideland und Ackerflächen stoße ich auf einen Feldweg, dem ich nach links an einer Schutzhütte vorbei folge. Ich bleibe nun auf dem Weg durch den Wald bis zu einer Bienenfarm. Dort biege ich nach rechts auf einen asphaltierten Fahrweg ab. Nach einem kurzen Anstieg zweigt an einer Bank ein Weg nach links ab, der zunächst am Waldrand, einer Sinnesbank und letztendlich an einer Tannenschonung mit Wildgehege vorbeiführt. Ich bleibe an der Hangkante bis zu einem Aussichtspunkt. Auf der anderen Rheinseite sehe ich Wellmich und die Burg Maus. Wieder einmal geht es über einen schmalen Pfad abwärts, hier in das tief eingeschnittene Heimbachtal. Ich begleite den Bach ein wenig, überquere ihn über eine Holzbrücke und steige steil aufwärts zum nächsten Ausblick. Der markierte Weg ist hier aus Sicherheitsgründen gesperrt. Ich halte mich dieses Mal an den Hinweis und nehme die ausgewiesene Ausweichstrecke, die im Prinzip nur wenige Meter parallel und oberhalb des eigentlichen Weges an der Hangkante herführt. Am Aussichtspunkt „Pilz“ vereinigen sich beide Routen wieder. Von dort habe ich einen tollen Blick auf die mächtige Burg Rheinfels und St. Goar. Auf einem Waldpfad umgehe ich einen nach frischer Landluft duftenden Bauernhof und erreiche auf einer Asphaltstraße die L 213. Dieser folge ich am Seitenrand bis zu einer Kehre, überquere sie dort und gehe in den geteerten Feldweg geradeaus. Nach circa 150 m biege ich im spitzen Winkel nach links ab und bevor ich erneut auf die L 213 stoße, steige ich in Serpentinen durch den Weinberg ins Tal. Auf der anderen Straßenseite erwartet mich der letzte Anstieg für heute. Unzählige Treppenstufen versuchen, mir den Aufstieg zu erleichtern. Schließlich stehe ich vor Burg Rheinfels, die ich links liegen lasse. Hinter einer Burgbrücke führt eine Stahltreppe abwärts nach St. Goar. Über die Jugendherberge und am Amtsgericht vorbei verläuft der Weg bis zu einer Bahnunterführung. Dahinter befindet sich die katholische Pfarrkirche St. Goar, der ich einen kurzen Besuch abstatte. Das letzte Stück laufe ich durch die Oberstraße, an deren Ende sich der Bahnhof und die evangelische Stiftskirche befinden. In der Stiftskirche aus dem 11. Jahrhundert ist eine Jakobusdarstellung zu bewundern. Dann wird es Zeit, nach dem Fahrplan zu schauen. Ich bin entsetzt, denn in einer Minute fährt der nächste Zug nach Bad Salzig zurück. Schnell noch ein Ticket ziehen und auf den Bahnsteig laufen. Der Zug ist inzwischen eingefahren und die letzten Reisenden schon eingestiegen. Zum Glück sieht mich der Zugführer und wartet noch mit der Abfahrt. Erschöpft lasse ich mich auf einen Sitz fallen.
06.09.2013: 9. Tag St. Goar - Bacharach (23 km) Allmählich neigt sich meine Wanderung auf dem Linksrheinischen Jakobsweg dem Ende zu. Es sind nur noch drei Tagesetappen, die ich allerdings an zwei Tagen schaffen möchte. Auch heute fahre ich unmittelbar nach dem Dienst zum Start nach St. Goar. Auf einem Parkplatz in der Nähe der Rheinfähre stelle ich mein Auto ab und mache mich auf den Weg zur Stiftskirche und zum Bahnhof. Dahinter gehe ich durch eine Unterführung und sehe den ersten Anstieg mit zahlreichen Treppenstufen vor mir. Ich passiere ein Hinweisschild zu einem Natur- und Erlebnispfad und einen Turm mit Verlies aus früheren Tagen. Über einen schmalen Pfad mit Stahlgeländer gelange ich zur Kretsch-Hütte mit einer völlig neuen Perspektive von St. Goar. Auf der anderen Rheinseite lacht mir die Schwesterstadt St. Goarshausen mit der Burg Katz entgegen. Hinter der Hütte laufe ich am Rand einer Ackerlandschaft und biege an einer eingezäunten Streuobstwiese nach links ab. Es geht auf einem Feldweg am Rande und kurz darauf durch ein Feld bis zum Aussichtspunkt am Bankeck. Danach bleibe ich an der Hangkante und erreiche den Aussichtspunkt Loreleyblick. Eine Informationstafel erzählt alles, was man schon immer über die Loreley wissen wollte. Wenige Schritte hinter einer weiteren Station mit einer Sinnesbank zweigt der Weg nach links über flache Stufen in den Wald ab. Nach der kurzen Abwärtspassage verläuft der Weg nach der Überquerung des Seelenbaches ordentlich aufwärts. Der Untergrund wird nun etwas felsiger. Schließlich erreiche ich den Aussichtspunkt „Maria Ruh“ mit einem Denkmal für die Väter des Loreley-Liedes (Clemens Brentano, Friedrich Silcher und Heinrich Heine). Leider ist das ansässige Gasthaus zurzeit geschlossen, eine Zapfstelle bietet mir die Möglichkeit, meine Trinkwasservorräte aufzufüllen. Rechts vom Denkmal geht der Weg durch eine Pergola bis zu einer Fahrzeugsperre weiter. Dort stoße ich auf einen asphaltierten Weg, dem ich nach links an der Hangkante folge. Hinter einer Bank gehe ich nach rechts und an einer Kreuzung mit Kopfsteinpflaster nach links abwärts. Von einer Schutzhütte aus kann ich am Horizont bereits Oberwesel erkennen. Vor einem verschlossenen Tor eines Weinbergs geht es am Zaun entlang nach rechts oben, wo ich nach links durch die Weinlage „Urbarer Beulsberg“ laufe und ein kleines Kapellchen passiere. Dahinter befinden sich am abwärts führenden Schotterweg drei Metallskulpturen, die auf mich einen verlorenen Eindruck machen und nicht so recht in die Landschaft passen. Kurz darauf überquere ich die K 95 und setze meinen Weg fort, der an verschiedenen Stellen mit Trollen aus Metall von verschiedenen Künstlern bereichert wurde. Schließlich treffe ich erneut auf die K 95 und gelange zum Günderodehaus am Aussichtspunkt „Sieben Jungfrauenblick“. Das 200 Jahre alte Fachwerkhaus wurde in Seibersbach im Hunsrück abgetragen und an seinem jetzigen Standort für Filmaufnahmen zum Sechsteiler „Heimat 3“ aufgebaut. Nach Abschluss der Dreharbeiten 2005 wurden hier ein Filmmuseum und eine kulturelle Begegnungsstätte eingerichtet. Es geht jetzt abwärts durch den Weinberg, der mit kleinen Bäumen übersät ist. Beim näheren Hinsehen entdecke ich darin unzählige rot-gelbe Früchte, Weinbergpfirsiche. Da schlage ich unverblümt zu und bediene mich. Die Pfirsiche sind zuckersüß und schmecken köstlich. Schließlich stoße ich auf die „Koblenzer Straße“, der ich geradeaus nach Oberwesel hinein folge. An einer Pizzeria steige ich rechts einige Treppen zum höchsten Punkt der Stadt zur im Volksmund bezeichneten „Weißen Kirche“. Um 1350 wurde mit dem Neubau der Martinskirche begonnen, der sich sehr stark an der Architektur der Liebfrauenkirche im Ort orientierte. Der Turm wurde im Laufe der Zeit zu einem Wehrturm ausgebaut und war Bestandteil der mittelalterlichen Befestigungsanlage von Oberwesel. Ich setze meine Wanderung auf der gegenüberliegenden Seite auf einem schmalen Pfad oberhalb der mittelalterlichen Stadtmauer fort und erreiche an deren Ende eine kleine Kapelle, vor der es jedoch nach rechts aufsteigend weitergeht. An der „Chablisstraße“ biege ich nach rechts auf einen Fußweg ab. An einem hölzernen Tor mit der Aufschrift „Elfenley-Weg zur Burg“ beginnt der Aufstieg zur Schönburg. Vorher mache ich aber noch einen Abstecher zur Liebfrauenkirche mit einem Jakobusfresko, das den Pilgerheiligen in schmuckem Ornat vor der Kathedrale von Santiago zeigt. Vor ihm kniet eine kleine Pilgerschar und bittet ihn: „O heilliger Sant Iacop byt gott vor vns areme pilgerum“ (O heiliger Sankt Jakob, bitte Gott für uns arme Pilger). Der Baubeginn der spätgotischen Kirche konnte durch eine Jahreszahl auf einem verloren gegangenen Glasfenster auf 1308 datiert werden. Zu früheren Zeiten zogen die Pilger durch Oberwesel nach Nordspanien und wurden hier durch eine Bruderschaft betreut. Nach dem Kirchenbesuch gehe ich zurück zum „Elfenley-Weg“ und erklimme den Felsenpfad bis zur Schönburg, die ich mir kurz von innen anschaue. Unmittelbar hinter der Zugbrücke führt mich ein Pfad zur K 90, der ich bis zum Aussichtspunkt „Tempelchen“ folge. Nur wenige Schritte weiter biege ich links in einen Wirtschaftsweg ein und umlaufe das Engebachtal durch Weinberge und Wald. Kurz darauf bin ich auf einem schmalen Trampelpfad am Straßenrand der K 89 unterwegs zur Schutzhütte „Pfalzblick“, dem nächsten Aussichtspunkt. Ich passiere eine Grillhütte, durchlaufe zwei weitere tief eingeschnittene Täler und sehe von der Höhe aus mitten im Rhein die Burg Pfalzgrafenstein, die mich eine Zeitlang auf meiner Wanderung an der Hangkante entlang begleitet. Hinter einer langgezogenen Rechtskurve der K 21 verläuft der Jakobsweg nun an Weiden, Feldern und Weinbergen vorbei bis zum „Heinrich Heine-Blick“. Von hier aus habe ich eine tolle Aussicht auf den heutigen Zielort Bacharach. Über einen schmalen Pfad und Treppenstufen gelange ich mittels Serpentinen ins Tal. Im unteren Bereich lasse ich den Spitzen Turm links liegen. Dort wird zurzeit gebaut und ich werde über eine alternative Streckenführung mit Stahlseil-Unterstützung geradewegs steil den Hang hinab gelotst. Am Postenturm, den man auch besteigen kann, kommt mir eine Touristengruppe entgegen. Alle Teilnehmer an dieser Stadtmauerführung balancieren mit einem mehr oder weniger vollen Weinglas und versuchen dem Tempo des Führers nachzukommen. In der Blücherstraße erreiche ich das Steegertor und wende mich nach links ins Zentrum von Bacharach. Leider habe ich heute keinen Blick für das romantische Städtchen mit seinen schmucken Fachwerkhäusern, da ich den Zug nach St. Goar erwischen möchte, was mir auch tatsächlich gelingt.
14.10.2013: 10. Tag Bacharach - Bingen (32 km) Der von unserer Projektgruppe selbst festgelegte Redaktionsschluss für den Pilgerführer des Linksrheinischen Jakobsweges rückt immer näher und ich bin die beiden letzten Etappen von Bacharach zum Gerhardshof und von dort nach Bingen immer noch nicht abgelaufen. Meine Mitautoren haben zwar schon eine grobe Beschreibung abgeliefert, jedoch möchte ich mir die Wegführung selbst anschauen, bevor ich sie beschreibe. So habe ich mir diesen Montag freigenommen, um die letzten 32 Kilometer zu absolvieren. Zunächst bringe ich unser Auto nach Lahnstein in die Werkstatt, es steht eine Inspektion mit Reifenwechsel an. Um 6:26 Uhr fährt mein Zug ab dem in der Nähe gelegenen Bahnhof über Koblenz nach Bacharach, wo ich um 7:30 Uhr bei völliger Dunkelheit aussteige. Ich durchquere den noch verschlafenen Ort bis zur St. Peter-Kirche und steige die Treppenstufen bis zu den Ruinen der Werner-Kapelle hinauf. Hier versuche ich, einige Photos zu machen, die jedoch aufgrund der eigentlich nicht vorhandenen Lichtverhältnisse nicht sonderlich gelingen. Über weitere Stufen und einige Serpentinen gelange ich zur Burg Stahleck und gehe geradeaus durch das Burgtor. Hinter der Burg suche ich im Kegel meiner Taschenlampe verzweifelt nach Wegmarkierungen und lande schließlich auf einer etwas höher gelegenen Plattform mit Blick auf die Burg. Ich studiere noch einmal die Wanderkarte und komme immer noch nicht zu einer Lösung. Bevor ich mich jetzt verlaufe, gehe ich nochmal zurück zum Burgtor und entdecke in der Dämmerung eine nicht so günstig angebrachte Jakobsmuschel, die nach links weist. Also wende ich mich in diese Richtung und laufe unterhalb der Burg- und Stadtmauer entlang bis zu einem Wildschutztor. Dahinter erreiche ich eine Waldpassage und bleibe zunächst geradeaus auf dem breiten Hauptweg. Über einen aufwärts führenden Weg komme ich zur Villa Sonnenhöhe am Rande von Neurath, gehe nach links über einen Schotterplatz und anschließend am Waldrand entlang bis zu einem ersten Aussichtspunkt. Weiter geht es oberhalb von Weinbergen bis zur K 24, danach umrunde ich in einem weiten Bogen das Bombachtal. Schließlich befinde ich mich in Medenscheid und mache unterhalb der Kreuzung der K 24 mit der Bacchusstraße an einem Rastplatz mit einem Insektenhotel eine kurze Pause. Dort ist auch ein Weinautomat platziert, an dem man sich aus dem Angebot eines Winzers einen guten Tropfen gönnen kann. Nun pilgere ich oberhalb der Hangkante, passiere einen weiteren Aussichtspunkt und eine Grillhütte. Anschließend umlaufe ich das Winzbachtal, stoße erneut auf die K 24 und biege kurz darauf auf das freie Feld nach rechts ab. Auf einem asphaltierten Wirtschaftsweg werde ich wieder zum Waldrand und der Hangkante bis nach Oberdiebach geleitet. Dort mache ich einen kurzen Abstecher zur St. Mauritius-Kirche, die jedoch verschlossen ist. Nach einem kurzen Stück auf einem Waldweg bewege ich mich abwärts nach Niederheimbach, wo ich erneut den Weg verlasse, um mir die Kirche Maria Himmelfahrt anzusehen. Tatsächlich ist sie offen, jedoch mit einem Gitter vor unbefugtem Betreten gesichert. Während meines Besuchs wird gerade die Orgel gestimmt. Zurück am Dorfbrunnen, muss ich zunächst durch ein Wohngebiet, dann auf einem Märchenpfad mit zahlreichen Skulpturen, bis zur Burg Hohneck aufsteigen. Nach einer ausschweifenden Linkskurve wandere ich oberhalb einer Siedlung bis zum Ortsrand. Ich umlaufe das Erschbachtal und habe ab hier das anstrengendste Stück des Tages vor mir. Es geht beständig bergauf, zunächst bis zum Parkplatz der Burg Sooneck, danach über den steilen Martinspfad zum Aussichtsturm Siebenburgenblick. Danach laufe ich wieder durch Wald und erreiche an einer Schutzhütte die Kölschen Wiesen, die ich großzügig umrunde. Aus dem Wald höre ich an dieser Stelle lautes Knacken von morschem Geäst und Stimmen in einer mir fremden Sprache. Schließlich tauchen vor mir zwei ältere Herrschaften aus dem Dickicht auf, beide tragen jeweils zwei große, geflochtene Körbe, die bis über den Rand mit reichlich Waldpilzen gefüllt sind. Wenn mich nicht alles täuscht, ist es verboten, eine solche Menge mitzunehmen. Nur wenige Schritte später erreiche ich den Gerhardshof. Leider ist montags Ruhetag, sodass ich mich gar nicht lange aufhalte. Zunächst geht es abwärts durch Pferdekoppeln auf den Waldrand zu, wo ich auf einem noch schmalen Pfad links in das Aderbachtal folge. Hier laufe ich entspannt leicht abfallend in das tief eingeschnittene, romantische Morgenbachtal hinein. Schließlich biege ich auf Höhe von einigen Häusern nach rechts ab auf den Eselspfad, einem kurzen, aber heftigen Aufstieg über Schieferstufen, der sogar an einer Stelle mit einem Stahlseil zur Unterstützung ausgestattet ist. Ab einem schief stehenden Markierungsstein mit der Gravur „1037“ folge ich einigen Serpentinen abwärts bis zur Burg Rheinstein. Über einen Pfad an der Burgmauer entlang steige ich allmählich wieder in die Höhe, vorbei an einem Aussichtspunkt, wo zwei Familien mit Kindern ihre Mittagsmahlzeit einnehmen. An der Waldgaststätte Schweizerhaus gehe ich erneut in den Wald hinein, überquere den Poßbach und erreiche die Kreuzung am Damianskopf, dem für heute höchsten Punkt. Etwa 200 m links davon befindet sich ein traumhafter Ausblick auf das Rheintal, den ich gerne genieße. Von nun an geht es eigentlich nur noch abwärts. Durch den Wald gelange ich zur Waldgaststätte Forsthaus Heiligkreuz und überquere den dortigen Parkplatz. Neben einer Hinweistafel führen einige Treppenstufen zu einem Waldweg, dem ich nach links in Richtung Bingen folge. Auf einem Waldpfad oberhalb der Fahrstraße werde ich zum Aussichtspunkt und der Schutzhütte Prinzenkopf geführt. Unterhalb der Hütte pilgere ich auf der Straße links weiter und passiere einen Gedenkstein für den Förster Peter Demmel, der hier 1920 erschossen wurde. Kurz dahinter laufe ich über ein paar Serpentinen durch den Waldhang und erreiche die Rhein-Nahe-Jugendherberge in der Bingener Herterstraße. Von hier ist es nicht mehr weit bis zum Bahnhof und der Innenstadt. Ich überquere die Nahe, gehe durch schmale Gassen bis zur Basilika St. Martin, die ich mir ausführlich ansehe. Auf dem Weg zur Burg Klopp besuche ich noch die modern gestaltete Kapuzinerkirche und biege am Heilig-Geist-Hospital rechts ab, um durch den Burggraben das Ende des Linksrheinischen Jakobsweges auf der Burg Klopp zu erreichen. An diesem Ort endet ebenso der Jakobsweg von Mainz und es beginnen der Rheinhessische Jakobsweg nach Worms sowie der Hunsrücker Jakobsweg nach Trier. Leider fehlt der hinterlegte Stempel für den Pilgerpass. Der Aufbewahrungsbehälter am Bergfried ist leer. Den hole ich mir schließlich in der Tourist-Information, die sich in der Nähe des Bahnhofs befindet. Gegen 16:00 Uhr besteige ich zufrieden den Zug in Richtung Lahnstein, um dort zunächst mein Auto von der Werkstatt abzuholen.
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