Linksrheinischer Jakobsweg 2014/2015/2016
Datum | Strecke | Länge | Gesamtlänge | |
2. | 04.05.2014 | Wesseling - Bonn | 17 km | 17 km |
3. | 13.07.2014 | Bonn - Niederbachem | 22 km | 39 km |
5. | 12.10.2014 | Remagen - Brohl-Lützing | 19 km | 58 km |
6. | 18.05.2015 | Brohl-Lützing - Miesenheim | 19 km |
77 km |
7. | 19.04.2015 | Miesenheim - Koblenz | 23 km | 100 km |
8. | 27.09.2015 | Koblenz - Rhens | 20 km | 120 km |
9. | 13.03.2016 | Rhens - Bad Salzig | 19 km | 139 km |
Zum Betrachten der Bilderserie bitte auf die Miniatur klicken.
04.05.2014: 1. Tag Wesseling - Bonn (17 km) Heute steht der zweite Pilgertag auf dem Linksrheinischen Jakobsweg von Wesseling nach Bonn an, organisiert von unserer Regionalgruppe Mittelrhein der St. Jakobus-Gesellschaft Rheinland-Pfalz-Saarland. Wir haben im Vorfeld der Veranstaltung im Köln-Bonner Raum die örtliche Presse mit eingebunden und engen Kontakt zur neu gegründeten Jakobusgesellschaft Wesseling gehabt. Dies führte sogar dazu, dass in der Rhein-Sieg-Zeitung ein Interview mit mir erschienen ist. Die Öffentlichkeitsarbeit hat dazu geführt, dass sich rund vierzig Pilger vor der Wesselinger Pfarrkirche St. Germanus eingetroffen haben, darunter auch eine bisherige Internetbekannstchaft. Zunächst steht die Teilnahme am Gottesdienst um 9.30 Uhr an, der als Dankfeier der Kommunionskinder ausgerichtet ist. Wir werden zu Beginn von Pfarrer Markus Polders herzlich begrüßt und er bindet den Jakobsweg mit seinen Symbolen in die Messe ein. Ein Junge mit einer Shell-Muschel auf der Trainingsjacke darf der Gemeinde unser Banner vorführen und schließlich holt der Pfarrer noch seine eigene Muschel hervor. Den Schluss- und Pilgersegen empfängt unsere Gruppe gemeinsam mit den Kommunionkinder in einem Halbkreis rund um den Altar. Einen schöneren Beginn des Pilgertages kann man sich nicht vorstellen. Nach dem Gottesdienst versammeln wir uns auf dem Kirchplatz zu einem Phototermin, während der Regionalgruppensprecher Franz Blaeser eine kurze Ansprache hält. Es folgen noch Grußworte des Bürgermeisters Hans-Peter Haupt und des Initiators der Wesselinger Jakobusgesellschaft, Guido Lenssen. Letzterem wird noch eine bronzene Jakobsmuschel als Dank für die Unterstützung vor Ort überreicht. Und dann geht es endlich los. Zunächst marschieren wir rund sechs Kilometer am Rhein entlang bis zu unserer ersten Station in Widdig. Am Ortseingang werden wir von Konrad Velten, dem Ortsvorsteher, in Empfang genommen. Er hat dort unseren Flyer vom Linksrheinischen Jakobsweg an einem Wegweiser mit unserer Jakobsmuschelmarkierung angebracht. Im Rahmen der Vorbereitung habe ich mit ihm hin und wieder telefoniert, den Ablauf und den Pilgerstempel für Widdig abgestimmt. An der St. Georg-Kirche hat er mit seinen Helfern Tische und Bänke für die Mittagspause aufgestellt und Getränke spendiert. Zunächst trägt jedoch Michael Kaiser, der Vizepräsident unserer Gesellschaft, einen besinnlichen Text vor und überlässt dann Diakon Hubert Ganser das Wort. Bevor er mit der Pilgergemeinde betet und singt, erläutert er kurz die Geschichte der Kirche. Während sich die meisten mit ihrer Rucksackverpflegung stärken, überreichen wir unter Beteiligung der Presse feierlich den neuen Pilgerstempel für Widdig. Diakon Ganser lässt es sich nicht nehmen, den Pilgern den neuen Stempel und das Pfarrsiegel in die Pilgerausweise zu drücken. Dann heißt es für die Pilgergruppe, sich wieder auf den Weg zu machen. Beim Verlassen des Kirchenareals entdecken wir noch ein Hinweisschild auf die heutige Wanderung. Zunächst geht es mitten durch Widdig, und bevor wir über eine Treppe zum Rhein gelangen, überreichen wir noch einen zweiten Pilgerstempel in den Rheinterrassen. Unser nächstes Ziel ist Hersel, nur zwei Kilometer entfernt. Auch hier haben wir die Möglichkeit, einen kurzen Stopp in der Pfarrkirche St. Aegidius zu machen. Hier übernimmt Christoph Kühn, Kunsthistoriker aus Köln, die Erläuterung des Gotteshauses. In unmittelbarer Nähe der Kirche befinden sich noch die alte Aegidiuskirche (in den 70er-Jahren des vergangene Jahrhunderts zum Pfarrsaal umgebaut und heute genutzt von der angrenzenden Ursulinenschule) sowie die Kapelle des Ursulinenklosters. Unser nächstes Ziel ist St. Margareta in Graurheindorf, wo uns Christoph erneut einiges zur Baugeschichte zu erzählen hat. Extra für uns hat der Küster die Jakobusstatue der Kirche von ihrem angestammten Platz im hinteren Bereich abgenommen und auf einem Seitenaltar platziert. Nach einem spirituellen Impuls habe ich die Ehre, Jakobus mittels einer Leiter wieder auf seinen erhöhten Stammplatz zurück zu stellen. Wir sind alle sehr dankbar, was heute für uns bewegt wird. Hier sind wir auf Menschen getroffen, die sich gerne für andere einsetzen und es ihnen wohltun möchten. Leider findet man das heute nur noch sehr selten. Inzwischen ist fünfzehn Uhr und wir müssen uns auf den letzten Abschnitt nach Bonn machen. Der Weg führt uns überwiegend wieder am Rhein entlang und es werden zahlreiche gute Gespräche geführt. Eine gute Stunde später treffen wir in Bonn ein. Auf dem Münsterplatz findet heute ein Markt statt, durch wir uns erst ein Weg bahnen müssen. Es dauert eine Weile, bis auch die letzten Mitpilger vor dem Münster stehen. Christoph erzählt noch ein wenig über die Kirche und Michael gibt allen noch einen abschließenden Impuls mit auf den Heimweg. Ein gemeinsames Lied und eine kurze Meditation beenden den Pilgertag, der anscheinend allen sehr gut gefallen hat. Einige verabschieden sich nun, während die meisten noch mit der Straßenbahn zurück nach Wesseling fahren, wo die Autos warten.
13.07.2014: 2. Tag Bonn - Niederbachem (22 km) Unser nächster Pilgertag auf dem Linksrheinischen Jakobsweg steht an. Heute soll es vom Bonner Münster bis nach Niederbachem gehen. Unsere Koblenzer Gruppe trifft sich zunächst am Hauptbahnhof und fährt mit der Bahn in die ehemalige Hauptstadt. Unterwegs gesellen sich in Andernach noch weitere Pilger dazu. Vom Bonner Bahnhof sind es nur wenige Schritte bis zum Münsterplatz, den wir noch trockenen Fußes erreichen. Der Himmel ist trüb und mit grauen Wolken verhangen - ich bin gespannt was uns da noch erwartet. Vor dem Portal des Münsters warten schon einige Leute, die unschwer als Pilger zu erkennen sind, dabei auch einige uns bereits bekannte Gesichter von den ersten beiden Veranstaltungen. Unser erster Programmpunkt wird um 9.00 Uhr die Teilnahme am Gottesdienst im Münster sein, das wir nun betreten. Die Bänke sind noch spärlich besetzt, trotzdem sorgt unsere knapp 40-köpfige Gruppe für Aufsehen. Schließlich beginnt der Gottesdienst und wir sind schon beinahe enttäuscht, dass wir trotz vorheriger Ankündigung nicht begrüßt werden. Dafür spendet uns der zelebrierende Geistliche zum Abschluss den Pilgersegen und wünscht uns einen guten Weg. Nach einer kurzen Ansprache von Franz an die Gruppe machen wir uns - inzwischen mit Regenkleidung versehen auf den Weg. Es nieselt leicht, als wir losmarschieren. Zunächst laufen wir am Poppelsdorfer Schloss vorbei auf den Venusberg, um am Kaiser- Wilhelm-Denkmal zum ersten Mal durchzuschnaufen. Der Regen hat sich wohl von uns vertreiben lassen, denn die Schirme und Jacken verschwinden in den Rucksäcken. Vom Venusberg haben wir einen wunderschönen, wenngleich leicht trüben Ausblick auf Bad Godesberg, das aber noch in einiger Ferne vor uns liegt. Unsere nächste Station ist am Dottendorfer Jugendkreuz, wo Michael einen Text verliest und die Gemeinde voller Inbrunst ein Lied zum Besten gibt. Ein Mitpilger war so lieb und hat eine Tarta de Santiago gebacken und verteilt diese an alle. Lecker - alle sind total begeistert. Wir laufen nun durch ein längeres Waldgebiet und erreichen die ersten Ausläufer von Bad Godesberg. Ein Teil der Gruppe wagt den Aufstieg auf die Godesburg, wo wie einer Mitarbeiterin den Pilgerstempel zur Aufbewahrung und Nutzung übergeben. Die Zeit reicht noch, um den Durst mit einem kühlen Drink zu löschen und einen kleinen Mittagssnack zu sich zu nehmen. Beim Abstieg passieren wir die erst vor kurzem sanierte Michaelskapelle auf dem benachbarten Friedhof. Die barocke Kapelle erstrahlt in neugewonnener Schönheit und ist eine sehenswürdige Bereicherung des heutigen Tages. Weiter abwärts wartet der Rest der Gruppe an der Marienkirche auf uns. Unter der Empore erwartet uns der nächste Impuls von Michael, zum Auszug aus dem Gotteshaus lassen wir wieder unsere Stimmbänder vibrieren. Bei einem kurzen, aber heftigen Schauer retten wir uns in der Fußgängerzone unter den schmalen Arkaden. Zum Glück zieht das Unwetter schnell vorüber, sodass wir unseren Weg fortsetzen können. Nur ein paar Schritte weiter reißt sogar der Himmel auf und die Sonne begrüßt uns zur Mittagsstunde. Am Draitschbrunnen verschwinden daher wieder sämtliche Regenutensilien in den Rucksäcken. Wir pilgern entlang des Godesberger Baches durch ein romantisches Tälchen, passieren dabei die evangelische Kirche. Nun erwartet uns der schwierigste Teil des Tages: ein langgezogener steiler Anstieg lacht uns hämisch entgegen – wir bezwingen ihn trotzdem, und zwar mit einem Liedchen auf den Lippen. Es geht entlang des Ortsteiles Heiderhof, am Waldfriedhof und schließlich an Ließem vorbei. Unsere nächste Station ist ein Heiligenhäuschen, von dem wir bereits unser Etappenziel Niederbachem sehen können. Hier werden wir bereits von Dr. Walter Töpner erwartet, der in der Region wohnt und schon einige Bücher zum Jakobsweg geschrieben hat. Das Heiligenhäuschen ist der richtige Ort, um ein schönes Gruppenphoto zu schießen. So verewigt sich die Pilgergruppe vor der malerischen Kulisse auf mehreren SD-Karten. Der nun folgende Abstieg nach Niederbachem tut richtig gut. Nur noch zwei Straßenkreuzungen sind zu gehen, dann stehen wir vor der katholischen Pfarrkirche St. Gereon, wo wir von Pfarrer Josef Zeyen erwartet. Er feiert mit uns eine Abschlussandacht und erzählt dabei, dass er in jungen Jahren auch schon auf dem Jakobsweg unterwegs - allerdings mit dem Auto. Wer möchte bekommt noch den Pilgerstempel von Niederbachem in seinen Pilgerausweis gedrückt. Einer Mitpilgerin aus dem Ort übergebe ich den Stempel mit der Bitte, diesen im Hotel Dahl abzugeben. Pfarrer Zeyen versprechen wir einen weiteren Stempel für die Kirche. Dieser soll dann beim nächsten Pilgertag übergeben werden. Nach der Verabschiedung warten wir auf unser Fahrzeug, das uns in drei Schichten zum Mehlemer Bahnhof bringt. Die letzten haben leider das Pech, das es erneut zu heftig zu regnen beginnt. Trotz der Wetterkapriolen haben wir einen schönen Tag erlebt.
12.10.2014: 3. Tag Remagen - Brohl-Lützing (19 km) Unsere Regionalgruppe Mittelrhein der St. Jakobus-Gesellschaft Rheinland-Pfalz-Saarland hat für heute zum 5. Pilgertag auf dem Linksrheinischen Jakobsweg eingeladen. Ich treffe mich mit Rudi, Michael und Robert am Koblenzer Hauptbahnhof, von wo aus wir mit der Bahn zum Startort Remagen fahren. Mir macht seit einiger Zeit meine rechte Schulter einige Probleme, und so kommt es mir gelegen, dass Robert mir eine Reiki-Behandlung anbietet. Obwohl er eigentlich eine normal temperierte Hand hat, macht sich eine angenehme Wärme in der Schulter breit. Nur zwanzig Minuten später erreichen wir Remagen und laufen noch zwei Ecken weiter bis zur katholischen Pfarrkirche St. Peter und Paul. Dort werden wir bereits von einigen Mitpilgern erwartet. Kurz darauf treffen auch unsere Pilgerfreunde aus dem Köln-Bonner Raum ein und wir begeben uns in den älteren Teil der Kirche aus dem 13. Jahrhundert, in dem sich auch ein Fresko des Jakobus aus dieser Zeit befindet. Die ehemalige Gemeindereferentin Luzia Waszewski hat es uns ermöglicht, um die frühe Morgenzeit bereits Zutritt zu der Kirche zu bekommen. Nach einem Impuls von Michael erteilt uns Diakon Wolfgang Dröschel aus Nachtsheim noch den Pilgersegen und dann geht es los. Zunächst haben wir einen heftigen Anstieg vor uns, der uns auf eine Hochebene bringt. Dort tauchen wir in ein Waldgebiet ein und passieren einen alten jüdischen Friedhof. Wir sind in intensive Gespräche vertieft, dass wir erst nach ein paar hundert Metern bemerken, dass wir dem falschen Weg gefolgt sind. Nachdem wir diesen Fauxpas bereinigt haben, marschieren wir leicht abwärts auf schmalen und matschigen Pfaden gen Bad Bodendorf zu. Hier müsste noch die eine oder andere Wegemarkierung angebracht werden. An einem Wegkreuz warten wir einen Augenblick, bis die Gruppe wieder vollzählig ist. Nun umrunden wir den Ort, um schließlich noch einmal über einen rutschigen Weg in die Ortsmitte zu gelangen. Wir überqueren die B 266 und laufen an der Kriegsgräberstätte vorbei an die Ahr. Dieser folgen wir ein Stück und erreichen den Kirchplatz von Sinzig. Wir nehmen am Hochamt in der St. Peter-Kirche teil, das aber erst in einer halben Stunde beginnt. So nutzen wir die Gelegenheit, den Pilgerstempel von Sinzig in die Pilgerpässe zu drücken. Überraschend taucht dann Regina auf, von der wir uns den Stempel geborgt haben. Sie kann ihn direkt wieder mit nach Hause nehmen. Zu Beginn des Gottesdienstes wird unsere Gruppe von Pastor Achim Thieser herzlich begrüßt und am Ende erteilt er nicht nur uns einen Pilgersegen, sondern auch einer Gruppe Ministranten, die demnächst nach Rom pilgern werden. Wir verlassen nach dem Gottesdienst Sinzig und erklimmen eine erste Anhöhe. Bei einem Marienmosaik warten wir auf die etwas langsameren, beten dann gemeinsam ein „Ave Maria“ und singen ein Marienlied. Es geht auf einem breiten Waldweg zur Mönchsheide, auf der sich heute ein Segelflugplatz und ein Gasthaus befinden. Schließlich geht es abwärts nach Oberbreisig, wo die St. Viktor-Kirche unser Ziel sein wird. Mit Unterstützung von Herrmann Josef Schmitz und Friedhelm Link bietet sich uns die Möglichkeit die beiden Kirchen von Bad Breisig mit Jakobusspuren zu besichtigen. Da heute in Oberbreisig Kirmes ist, müssen wir den markierten Weg ein wenig umgehen. Vor der Kirche werden wir bereits von einem Pressevertreter erwartet und stellen uns gerne zu einem Foto auf der Freitreppe zusammen. Danach werden wir vom stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsrates der Pfarrgemeinde, Theo Schmidgen, und dem Küster, Jürgen Ockenfels, begrüßt. Wir bekommen einen kurzen Vortrag zur Geschichte des Gotteshauses und eines mittelalterlichen Freskos mit der Darstellung einer Pilgerkrönung. Der zufällig sich auf der Kirmes aufhaltende Bürgermeister der Verbandsgemeinde, Bernd Weidenbach, lässt es sich nicht nehmen, uns ebenfalls noch zu begrüßen. In seiner Anwesenheit habe ich die Ehre, den Pilgerstempel für Oberbreisig mit dem Motiv der Kirche an die Gemeindevertreter zu überreichen. Danach haben alle die Möglichkeit, den Stempelabdruck in ihren Pilgerausweis zu bekommen. Während einige Mitpilger noch ein gewisses Örtchen aufsuchen, genehmige ich mir im angrenzenden Dorfbackes eine Portion Zwiebelkuchen mit Federweißem. Dann wird es Zeit, zu unserem nächsten Fixpunkt loszulaufen. Die Marienkirche ist nur einen knappen Kilometer entfernt. Da die eigentliche Route noch durch eine Baustelle schlecht begehbar ist, bleiben wir halt auf dem Fußweg an der Hauptstraße. In der gotischen Pfarrkirche werden wir bereits von der Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates, Christina Braun, erwartet. Sie erläutert uns kurz das Bauwerk und weist insbesondere auf die Jakobusdarstellung auf dem Antependium des rechten Seitenaltares hin. Auch am linken Seitenaltar ist ein Heiliger mit Pilgerattributen zu erkennen. Es handelt sich hierbei jedoch um den heiligen Rochus, der unschwer an der Wunde auf dem Oberschenkel und einem Hund zu erkennen ist. Beide werden recht gerne verwechselt. Michael übergibt den Pilgerstempel für Niederbreisig, der zukünftig in der Römertherme erhältlich sein wird. Franz drängt auf den Abmarsch, denn wir sollen bereits um 16:00 Uhr in Brohl-Lützing an der Kirche sein. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit verzichten wir hinter der Römertherme auf einen Aufstieg und bleiben auf der Straße. An der Wagram-Brücke über dem Vinxtbach erläutert uns Herrmann den historischen Bezug. Exakt hier war die die Grenze der römischen Provinzen Obergermanien (Hauptstadt Mainz) und Niedergermanien (Hauptstadt Köln). Die Brücke selbst wurde von Napoleon erbaut und am vierten Jahrestag seines Sieges über Österreich bei Wagram, dem 6. Juli 1813 eingeweiht. Eigentlich ginge es jetzt steil bergauf in Richtung Burg Rheineck, aber die Zeit lässt den mühsamen Aufstieg nicht zu und so wird entschieden, auf der alten B 9 nach Brohl zu wandern. Das wiederum stößt bei einigen Kölner Pilgerfreunden auf Unmut - sie möchten lieber über die Höhe laufen. Ich biete mich als Führer an und so besiegen Nina, Hans Peter, Stefan und ich einige Höhenmeter und werden mit einem traumhaften Ausblick auf das Rheintal und Brohl belohnt. Wir halten uns nicht lange auf, sondern machen uns direkt an den Abstieg, der uns auf einem schmalen Pfad durch den Hang führt. Kurz nach 16 Uhr treffen wir an der Pfarrkirche St. Johannes der Täufer ein. Dort wird bereits ein Kurzvortrag über die Geschichte des Bauwerkes gehalten. Die Vertreter der Gemeinde, allen voran der Vorsitzende des Pfarrgemeinderates, Martin Schnitker, haben sogar zwei Kisten Getränke zur Verfügung gestellt. Franz übergibt den Stempel für Brohl, er wird später in Annemie´s Lädchen ganz in der Nähe erhältlich sein. Nach einem abschließenden Lied („Möge die Straße…“) bewegen wir uns allmählich auf den Bahnhof zu, damit wir unsere Züge in Richtung Bonn und Koblenz erwischen. Unterwegs treffe ich sogar noch einen ehemaligen Kollegen aus meiner früheren Dienststelle in Koblenz. Am Bahnhof trennen sich unsere Wege – einige Mitpilger stehen uns auf dem anderen Bahnsteig gegenüber und winken, andere besteigen ihr Autos und fahren nach Hause. Ich habe das Glück, dass mich Michael in Koblenz noch bis vor die Haustüre bringt, so spare ich zwei Kilometer Fußweg. So endet ein schöner Pilgertag auf dem Linksrheinischen Jakobsweg mit vielen guten Gesprächen - aber auch ein wenig Hektik durch die terminlichen Vorgaben. Das müssen wir zukünftig besser organisieren.
19.04.2015: 4. Tag Miesenheim - Koblenz (23 km) Ich schlendere gemütlich bei noch frischen Temperaturen aus dem Haus, es fröstelt mich und ich entscheide mich doch, meine dünne Jacke überzuziehen. Die Straßen sind noch leer an diesem Sonntagmorgen und gerade geht die Sonne am Horizont auf. Mein Weg führt zunächst zum Koblenzer Hauptbahnhof, wo bereits einige Pilger auf den Zug nach Miesenheim warten. Der hat heute zehn Minuten Verspätung. Ich kann mich an einem Gruppenticket beteiligen, das Ursula und Sigrid aus meinem Laufverein gelöst haben. Für heute haben wir den 7. Pilgertag auf dem Linkshreinischen Jakosbsweg vorbereit, der uns von der katholischen Pfarrkirche St. Kastor in Miesenheim bis zur Basilika St. Kastor nach Koblenz führen wird. Es erwartet uns ein umfangreiches Programm an den verschiedensten Orten. In Andernach steigen weitere Pilger aus dem Bonner Raum zu und als der Zugführer den Führerstand gewechselt hat, geht es auch schon weiter bis zum Bahn Hof Miesenheim. Nur noch zwei Ecken weiter und wir treffen mit einer großen Pilgergruppe, die vor der geöffneten St. Kastor-Kirche auf uns wartet. Bisher hatte ich noch keine Gelegenheit, die Kirche von innen zu sehen, sie war bei meinen Pilgertouren auf dem Eifel-Camino oder dem Linksrheinischen Jakobsweg stets verschlossen. Franz aus unserem Kompetenzteam wohnt jedoch in Miesenheim und hat dafür gesorgt, dass wir zur Begrüßung in die Kirche können. Michael, der Vizepräsident unserer Jakobusgesellschaft, wendet sich an die Pilgerschar mit einem ersten Impuls zum Thema des Tages „Der Pilgerweg ist ein Friedensweg“. Anschließend gibt Franz noch ein paar organisatorische Hinweise. Nach einem Gruppenfoto vor der Kirche macht sich die Gruppe auf den Weg in Richtung dem Flüsschen Nette. An einer Brücke zähle ich 47 Pilger, vier weitere werden auf dem folgenden Weg noch dazu stoßen. Es geht zunächst leicht ansteigend durch Ackerland, wo sich unter zwei Aufschüttungen archäologische Ausgrabungsstätten aus grauer Vorzeit befinden. Franz hat als Einheimischer die passenden Erläuterungen parat. Nur ein paar Schritte weiter machen wir an einem Wegkreuz von 1646 Halt für eine weitere Station mit Impuls und einem Lied aus unserem neuen Liederheft. Mit wird es jetzt zu warm, ich entledige mich meiner Jacke und entferne die unteren Abschnitte meiner Wanderhose. Wir bewegen uns auf Kettig zu und ich führe einige interessante Gespräche, bei denen ich einiges zur Entstehung des Linksrheinischen Jakobsweges erzählen kann. Der Weg ist zu beiden Seiten gesäumt von Obstbäumen, die zwar noch wenig grüne Blätter an ihren Zweigen haben, dafür aber in einem strahlend weißen Blütenmeer versinken. Wir durchqueren Kettig und steigen wiederum ein wenig aufwärts, um auf den Streuobstwiesenweg zu gelangen. Es ist eine wahre Freude, an diesem herrlichen Frühlingstag die Kraft und Schönheit der Natur zu erleben. So höre ich um mich herum nur lobende Worte zum gewählten Termin. Das war uns auch ein besonderes Anliegen, diesen eigentlich tristen Abschnitt passend zur Obstblüte zu bewandern, um genau dieses Naturerlebnis zu genießen. Inzwischen laufen wir oberhalb von Mülheim-Kärlich immer noch durch blühende Streuobstwiesen. Ein sehr steiler Anstieg bringt uns auf eine Höhe, von der wir einen ersten Blick auf den Koblenzer Stadtteil Rübenach erhaschen können. Ein besonders schönes Bild gibt der von blühenden Obstbäumen eingerahmte Turm der St. Mauritius-Kirche ab. Hinter der Autobahnbrücke befindet sich ein Basaltstein mit einer Infotafel, auf der Interessantes zum Jakobsweg und zu Rübenach zu lesen ist. Im vergangenen Jahr hatte ich die Tafel für die Rübenacher Bürgerinitiative entworfen, eine zweite wurde am anderen Ende des Ortes aufgestellt. Auf dem Weg dorthin gibt es noch ein paar Pilgersteine mit Muschelsymbol. Der Rübenacher Pilgerstempel liegt seit ein paar Tagen in einem weißen Briefkasten mit Muschelsymbol am Haus Keltenstraße 194 für vorbeiziehende Pilger bereit. Wir ziehen weiter bis zu einem eingezäunten Gelände, auf dem sich ein Pilgerkreuz sowie die zweite Infotafel befinden. Der Initiator Heinz Bengel, heute auch mit uns unterwegs, erläutert der Gruppe die Entstehungsgeschichte. Hier gibt es jetzt auch die Pilgerstempel von Miesenheim und Rübenach für die mitgeführten Pilgerausweise. Ein von Michael vorgetragener Text beendet den kurzen Aufenthalt in Rübenach und wir begeben uns auf den letzten kurzen Anstieg. An der Grillhütte auf dem Heyerberg mit traumhaftem Blick auf Güls machen wir unsere Mittagsrast. Nach einer guten halben Stunde geht es abwärts, denn wir werden in der alten St. Servatius-Kirche von den Diakonen Bernhard Saxler aus Güls und Wolfgang Dröschel aus Nachtsheim zu einem kurzen Gottesdienst erwartet. Das Thema steht in Verbindung zu den bei der umfassenden Renovierung vor zwei Jahren gefundenen Bildern in den oberen Rundbögen, die die Seligpreisungen darstellen. Zu unserer Überraschung haben wir die Gelegenheit, auch die oberen Bereiche, die früher dem Klerus und den Ordensleuten vorbehalten waren zu einem gemeinsamen Gebet und Gesang aufzusuchen. Zu guter Letzt gibt es noch vier Pilgerstempel: den offiziellen vom Jakobsweg von Güls und Koblenz, einen der Stiftung Alte Kirche Güls sowie meinen eigenen. Dann zieht der Tross weiter über die Moselbrücke nach Moselweiß. Hier laufen wir entlang der Mosel auf dem Leinpfad bis zum Zusammenfluss mit dem Rhein am Deutschen Eck, wo wir uns noch einmal zu einem Gruppenbild auf den Stufen des Denkmals niederlassen. Im nahe gelegenen Ludwig-Museum im ehemaligen Deutschherrenhaus übergeben der Mitarbeiterin an der Kasse den Pilgerstempel von Koblenz mit dem Motiv der Basilika St. Kastor. Nach dem Besuch der Basilika gehen wir nur ein paar Meter weiter zur Jakobuskapelle. Hier erwartet uns Pfarrer Ralf Staymann von der Altkatholischen Gemeinde Koblenz. Er erzählt uns ein wenig über die Geschichte der Kapelle und gestaltet eine kurze Andacht mit uns. Zum Abschluss treffen wir uns in der Heimat des Koblenzer Pilgerforums, der City-Kirche St. Johannes. Dort empfängt uns Pater Martin Königstein von den Arnsteiner Padres, der auch unser Forum spirituell begleitet, zu einer Dankandacht. Es war ein wunderschöner Tag mit großartigem Wetter, traumhaften Bildern und lieben Mitpilgern. An dieser Stelle noch einmal ein Dank an Diakon Saxler, Pfarrer Staymann und Pater Martin, dass sie sich Zeit für uns genommen haben und diesen unvergesslichen Tag mitgestaltet haben.
18.05.2015: 5. Tag Brohl-Lützing - Miesenheim (19 km) Zunächst blicke ich zurück auf die Vorgeschichte dieses Tages. Im vergangenen Jahr bekam ich einen Anruf von Jessica Häbel, die mir von dem Projekt einer Benefizpilgerwanderung der Lost Voices Stiftung auf dem Linksrheinischen Jakobsweg erzählte und um Unterstützung bat. Im Zeitraum 12. - 30. Mai 2015 sollte es Ziel sein, die relativ unbekannte und unheilbare neuroimmunologische Krankheit Myalgische Enzephalomyelitis (ME) / Chronic Fatigue Syndrom (CFS) in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu tragen und Spenden für die Erforschung an der Berliner Charité zu sammeln. Bei der Aktion sollte von den beteiligten Etappenpilgern ein Buch mit Betroffenenberichten weitergegeben und wie ein Staffelholz transportiert werden. Spontan sagte ich Hilfe zu und trug einiges zur Etappenplanung bei. Schließlich kam Anfang April ein Hilferuf, da noch einige Etappen nicht besetzt waren. Ich reservierte mir den Abschnitt von Brohl-Lützing nach Andernach, den ich noch als Lücke in meinem zweiten Durchgang auf dem Linksrheinischen Jakobsweg hatte, Darüber hinaus konnte ich weitere Pilgerfreunde aus unserem Koblenzer Pilgerforum für noch offene Wegstrecken gewinnen. So sitze ich nun in meinem Auto und begebe mich nach Brohl-Lützing, um meine Etappe für die Stiftung zu gehen. Leider konnte ich gestern nicht das Betroffenenbuch und die weiteren Materialien von meinen „Vorpilgern“ entgegen nehmen. Wir hatten in den letzten Tagen telefonisch Kontakt und haben festgelegt, das Päckchen in der Römer-Therme in Bad Breisig zu hinterlegen. Dort befindet sich ja auch der Pilgerstempel der Kurstadt. Vorher mache ich aber noch einen Abstecher nach Oberbreisig, um in der St. Viktor-Kirche den im Oktober übergebenen und dort ausliegenden Pilgerstempel zu überprüfen. Erstaunt stelle ich fest, dass dieser nicht auffindbar ist - darum werde ich mich nach meiner Rückkehr kümmern müssen. Anschließend hole ich mir in der Therme das Bündel ab und stelle mein Auto am Bahnhof in Brohl-Lützing ab. Vor wenigen Tagen stand ich schon einmal hier, als ich mit dem Fahrrad die ersten beiden Etappen des Eifel-Camino überprüft hatte. Heute werde ich annähernd den gleichen Weg in deutlich längerer Zeit zu Fuß absolvieren. Doch zuerst kaufe ich mir in Annemies Lädchen etwas Marschverpflegung. Zudem erhalte ich die Information, dass sehr häufig nach dem hier deponierten Pilgerstempel nachgefragt wird. Das freut mich natürlich. Und dann geht es endlich los: steil bergauf bis zum ersten Aussichtstempel mit Blick auf Brohl-Lützing. Es folgt der berüchtigte alpine Teil steil aufwärts über in den Schiefer gehauene Stufen und einem Handlauf aus Stahlseil. Je höher ich den Berg erklimme, desto schöner wird der Ausblick. Dass dabei auch noch der Zivilisationslärm immer weniger wird, ist ein weiter schöner Nebeneffekt. Auf der Höhe angekommen tauche ich in dichten Wald ein, passiere vorzeitliche Befestigungsgräben und wende mich nach rechts auf einen Lehrpfad durch einen ehemaligen römischen Steinbruch. Es ist jetzt sehr leise, nur vereinzelt machen sich Vögel bemerkbar. Auf einer Hochebene marschiere ich an verstreuten Gehöften vorbei. Am rechten Wegrand fasziniert mich ein Kirschbaum, der in voller Blüte steht - der Stamm jedoch sieht eher kaputt und abgestorben aus. Es geht nun abwärts nach Namedy. Auf einer großen Fläche sind sämtliche Nadelbäume verschwunden - das dürften die Auswirkungen eines heftigen Sturmes vor ein paar Jahren sein. An der St. Bartholomäus-Kirche mache ich meine Mittagsrast. Die Kirche hat eine seltsame Architektur: der frühgotische Chor und das Langhaus sind die Reste der Klosterkirche eines Zisterzienserinnen-Klosters aus dem 13. Jahrhundert, während der vordere, turmartige Quadratanbau erst 1969/70 hinzukam. Während ich meinen Imbiss zu mir nehme, blättere ich in dem Betroffenenbuch. Dabei merke ich gar nicht, wie die Zeit vergeht. Erst nach fast einer Stunde lege ich das Buch weg, nicht ohne einen persönlichen Kommentar im hinteren Bereich zu hinterlassen. Die Berichte der Betroffenen machen mich betroffen. Es ist für mich als aktiver Mensch schwer vorstellbar, dass alltägliche Tätigkeiten - sofern überhaupt noch machbar - zur völligen Erschöpfung führen können und an ein normales Leben gar nicht zu denken ist. Im Gegenteil, das Leben verabschiedet sich allmählich von den Erkrankten und zwangsläufig sind sie außen vor in der Gesellschaft. Da fällt mir wieder der eigentlich abgestorbene Baum von eben ein, der versucht, aus seinem Schicksal auszubrechen und Blüten hervorbringt. Diesen Willen und die Kraft wünsche ich allen Betroffenen, aus ihrem Teufelskreis ausbrechen zu können und wenn nötig, auf die Hilfe von anderen zu hoffen. Noch etwas nachdenklich mache ich mich wieder auf den Weg. Dabei bin ich noch so in Gedanken, dass ich von meiner Umgebung gar nicht mehr allzu viel wahrnehme. Ich lasse Namedy hinter mir und gelange unter der Autobrücke gehend zu den grünen Rheinwiesen nach Andernach, wo gerade Zelte und Pavillons für eine Veranstaltung aufgebaut werden. Den Pilgerstempel hole ich mir heute in der Tourist-Info, die im hiesigen Geysir-Zentrum untergebracht ist. Anschließend gönne ich mir eine Portion Eis und schlendere über die Breite Straße stadtauswärts. An der Berufsschule gebe ich im Sekretariat das Pilgerbündel ab. Meine Nachfolgerin hatte mich darum gebeten, da sie hier als Lehrerin arbeitet und noch im Unterricht ist. Damit ist der offizielle Teil meiner Pilgeretappe für die Stiftung beendet. Ich laufe dennoch ein paar Kilometer weiter bis Miesenheim, um die Lücke auf dem Linksrheinischen Jakobsweg zu schließen. Ab Miesenheim fahre ich mit der Bahn über Andernach wieder zurück nach Brohl-Lützing, wo mein Auto parkt. Ich hatte heute einen schönen und zum Teil nachdenklichen Tag der mir sehr viel gegeben hat.
27.09.2015: 6. Tag Koblenz - Rhens (20 km) Zum Ende des Sommers haben wir vom Kompetenz-Team Linksrheinischer Jakobsweg zum nunmehr 8. Pilgertag auf dem selbigen eingeladen. Als Ausgangspunkt sollte das Domizil des Koblenzer Pilgerforums, die City-Kirche am Jesuitenplatz, dienen. Um 9.00 Uhr nehmen wir am Gottesdienst teil, der heute durch große Pilgerschar sehr gut besucht ist. Martin Königsstein von den Arnsteiner Patres feiert zusammen mit einem Ordensbruder sowie Diakon Wolfgang Dröschel aus Nachtsheim mit uns eine wunderschöne Messe mit abschließendem Pilgersegen für den heutigen Tag. Nach einem gemeinsamen Foto vor dem Altar macht sich die Gruppe auf den Weg über die Jakobuskapelle und die Basilika St. Kastor in Richtung Rhein. Neben der Basilika weist Regionalgruppensprecher Franz Blaeser auf eine noch freie Fläche an der Mauer zum Blumenhof, die nach unseren Vorstellungen mit einer Reliefplatte mit Jakobusbezug versehen werden soll. Bis zur Umsetzung sind aber wohl noch einige bürokratische Hürden zu nehmen. Bei strahlend blauem Himmel schwenken wir an der Talstation der Koblenzer Seilbahn in Richtung Süden und marschieren unmittelbar am Rhein entlang. An der ersten Sitzgruppe wird bereits der erste Halt eingelegt, da es einigen zu warm wird. Jacken und Pullis verschwinden zwar rasch in den Rucksäcken, doch es dauert eine Weile, bis auch die letzten sich wieder in Bewegung setzen. Es geht entlang dem Seitenarm des Rheins, vorbei am Schwanenteich und an der Sporthalle Oberwerth durch eine Unterführung an die B 9, die vorsichtig überquert wird. Nun erwartet uns einer von drei Anstiegen, hinauf zum Aussichtspunkt Rittersturz, wo eine Gedenkstätte der Rittersturz-Konferenz eingerichtet ist. Im damaligen Hotel Rittersturz wurden in der Nachkriegszeit die Grundlagen für das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland gelegt. Hier oben ist ein erster Impuls vorgesehen, für den Wolfgang Dröschel verantwortlich zeichnet. Danach führt uns der Weg durch den Koblenzer Stadtwald - zum Teil an der Hangkante entlang - zum Dommelsberg mit einer erneuten wunderschönen Aussicht auf Koblenz im Norden und Lahnmündung bei Lahnstein im Süden. Hier ist unsere Mittagsrast vorgesehen und alle machen sich über die mitgebrachten Snacks her. Die Stärkung tut auch gut, denn nun wartet der nächste heftige Anstieg auf den berüchtigten Hasenberg. Es geht hier circa einen Kilometer steil aufwärts, und einige beginnen leicht zu schnaufen. Die Gruppe zieht sich ziemlich weit auseinander, doch oben warten die etwas schnelleren, bis alle da sind. Wir laufen jetzt oberhalb von Schloss Stolzenfels und treffen auf die nächste Steigung. Einige wundern sich über die unterschiedlichen Muschelwegweiser. Eine kurze Erläuterung bringt Licht ins Dunkle: wir befinden uns auf einer Passage, die sowohl vom Linksrheinischen Jakobsweg als auch vom Mosel-Camino genutzt wird. Doch lange dauert das vertraute Miteinander der beiden Routen nicht, denn an einer großen Kreuzung weist ein Schild auf der Rückseite eines Insektenhotels auf die Wegetrennung hin. Geradeaus führt der Pilgerweg nach Trier, links nach Bingen. Wir nutzen diesen besonderen Ort zu einem weiteren Impuls, bevor es danach fast nur noch abwärts geht. Der beschwerlichste Teil der heutigen Etappe ist geschafft. Nächste Station - diesmal eine Sehenswürdigkeit - ist der Königsstuhl hoch über Rhens. Ursprünglich stand die historische Stätte unten am Rhein, wurde aber nach dem Verfall etwas oberhalb der Stadt rekonstruiert. Am Königsstuhl wurden einige deutsche Könige durch die vier rheinischen Kurfürsten erwählt. Nach einem kurzen Aufenthalt mit Genuss des Blickes auf den Rhein, nach Braubach und die Marksburg können die letzten Schritte zurückgelegt werden. Unser Ziel ist die Dionysius-Kirche auf dem Friedhofsgelände, in der wir unter den Augen einer Jakobus-Statue eine Dankandacht halten. Zum Abschluss gibt es noch den Pilgerstempel von Rhens. Mary Schneider, die leider selbst nicht mitpilgern konnte, lädt zu einem Gläschen Wein ein. Wir stoßen gemeinsam auf den schönen und erlebnisreichen Pilgertag an und freuen uns auf die Fortsetzung im nächsten Jahr.
13.03.2016: 7. Tag Rhens - Bad Salzig (19 km) Nachdem wir gestern in der Koblenzer City-Kirche einen sehr emotionalen Aussendegottesdienst mit rund einhundert Teilnehmern aus nah und fern gefeiert haben, steht heute der 9. Pilgertag der Regionalgruppe Mittelrhein der St. Jakobus-Gesellschaft Rheinland-Pfalz-Saarland an, den ich federführend vorbereitet habe. Mein Sohn Christian fährt mich nach dem Frühstück zum Startort Rhens, wo sich bereits einige Pilger in froher Erwartung vor der katholischen Pfarrkirche St. Theresia eingefunden haben. Die Begrüßung untereinander fällt wie immer sehr herzlich aus. Nach und nach treffen immer mehr Mitpilger ein und wir begeben uns in die Kirche, wo wir am Gottesdienst teilnehmen werden. Mit unserer rund fünfzig Personen umfassenden Pilgergruppe ist die Rhenser Kirche heute sehr gut besucht. Unsere Gruppe wird von Kaplan Joseph in seiner Einleitung herzlich begrüßt und am Ende der Messe erteilt er uns noch den Pilgersegen. Nach dem obligatorischen Gruppenbild geht es gegen 11 Uhr los. Zunächst statten wir Jakobus in der benachbarten St. Dyonisius-Kirche auf dem Friedhof noch einen Besuch ab und verlassen dann Rhens. Unterwegs passieren wir einige Insektenhotels, worüber unser Pilgerbruder Karl-Heinz Jung sehr erfreut ist. Er ist ein Vorreiter in Sachen Artenschutz und setzt sich intensiv für die Erhaltung der Schöpfung durch den Bau und die Bereitstellung von Nistkästen, Fledermausquartieren und eben besagten Insektenhotels ein. Auf meinen Camino Inglés im Juni werde ich zwei Minihotels mitnehmen, die dann hoffentlich in Herbergen am Weg platziert werden können. Es geht weiter durch Brey, wo wir nach rechts abzweigen und einen ersten anstrengenden Anstieg bewältigen müssen. An einer Schutzhütte machen wir eine kurze Pause und warten, bis alle eingetroffen sind. Der weitere Weg führt uns auf den Jakobsberg, wo wir den markierten Weg verlassen und einen Abstecher zur ehemaligen Klosterkapelle machen. Dort trägt Michael einen Text zum Nachdenken vor. Wir laufen nun weiter durch den Wald, immer noch leicht ansteigend bis zur Engelseiche. Von hier aus ist es nicht mehr weit bis zum Vierseenblick, wo wir unsere Mittagspause einlegen. Vom Aussichtspunkt kann man auf das Rheintal schauen und sieht dabei vier Abschnitte des Rheins, die wie kleine Seen wirken. Wir lassen uns an zwei Bänken nieder und vertilgen unsere mitgebrachten Speisen. Ich lassen mir ein Stück spanischen Schafskäse, eine Salami und einen französischen Rotwein schmecken. Dreißig Minuten Rast sollen ausreichend sein, und so packen wir alles zusammen. Wir haben einen ortskundigen Führer dabei, der uns den Abstieg anstatt über die asphaltierte Fahrstraße über den Kyffhäuserpfad empfiehlt. Der Tipp ist gut und geht bequem auf einem schmalen Waldpfad in Serpentinen abwärts ins Mühlental, wo wir über den Kronprinzenpfad an die Talstation des Sesselliftes gelangen. Wir pilgern nun am Rhein entlang zur Karmeliterkirche, wo es einen weiteren Impuls gibt. Anschließend schlendern wir weiter zur Basilika St. Severus. Hier trägt ein Mitpilger noch ein Gebet vor. Das brauchen wir anscheinend auch, denn nun steht uns ein richtig anstrengender Anstieg bevor. Über zahlreiche Serpentinen erklimmen wir eine Anhöhe, die viele Schweißtropfen kostet. Zum Glück befindet sich oben eine Schutzhütte, die zu einer Rast genutzt werden kann. Die haben einige Mitpilger nötig, denn ihre Gesichter zeigen vor lauter Anstrengung durchweg eine rötliche Färbung. Nun ist es nicht mehr so weit bis zu unserem Tagesziel. Es geht nun ein längeres Stück an der Hangkante entlang mit schönen Ausblicken ins Tal. Am Ende dieses Pfades gelangen wir auf einen breiten Wirtschaftsweg, von dem wir eigentlich kurz darauf wieder nach links abzweigen sollten. Aber auch hier kommt der Rat eines ortskundigen Mitpilgers zur rechten Zeit. Wir bleiben auf dem Weg und erreichen das Friedenskreuz von Bad Salzig, wo wir ein gemeinsames Lied anstimmen. Schließlich erreichen wir unter dem Geläut der Glocken der katholischen Pfarrkirche St. Ägidius nach einem kurzen steilen Abstieg Bad Salzig. In der Kirche werden wir von Burkhard Höhlein, dem Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates empfangen. Kaplan Keller feiert mit uns noch eine schöne Schlussandacht und segnet die neuen Pilgerstempel, von denen einer in einem selbst gebauten Holzkasten in der Kirche platziert wird. Den zweiten Stempel übergebe ich anschließend Herrn Halfer vom Hotel Perle am Rhein, wo wir uns noch zum Abschluss eines sehr gelungenen Pilgertages zu einem gemütlichen Beisammensein treffen.
|