Der Jakobsweg und Pilgerwege im Rhein-Lahn-Kreis
Zum Abschluss der Ausstellung von Photographien einzelner Pilger in den Räumen des Pfarramtes für gesellschaftliche Verantwortung der evangelischen Kirche Rhein-Lahn in Lahnstein wird ein Vortrag zum Thema angeboten. Da ich leider die Auftaktveranstaltung verpasst habe, gibt es heute für mich keine Entschuldigung. Unter den cirka dreißig Gästen befinden sich auch einige Bekannte.
„Wenn man einen Spanier fragt, wo denn der Jakobsweg beginne, dann antwortet er: Vor der eigenen Haustüre.“ So beginnt Franz-Josef Höflich seinen Vortrag über den Jakobsweg. „Und vor unserer Haustüre sind wir vom Glück gesegnet, denn Lahnstein liegt an einem Knotenpunkt. Hier treffen sich Lahn-Camino, Rhein-Camino, Mosel-Camino und Eifel-Camino.“
Franz-Josef Höflich hat ausreichend Pilgererfahrung in den letzten Jahren gesammelt, war bereits mehrfach in Santiago de Compostela auf den verschiedensten Wegen unterwegs. Er läuft am liebsten alleine auf den Wegen der Jakobspilger, er ist aber nie einsam. Man trifft immer wieder Menschen, mit denen man ein Stück des Weges teilen kann. Aber man entscheidet selbst, ob und mit wem man seine Zeit verbringt. Angetrieben von Spiritualität, ein wenig Abenteuerlust, aber auch eine Art Flucht vor der Familie im positiven Sinne sind ihm Motivation. Die Frage nach der Motivation stellte sich auch vor einiger Zeit ein deutschsprachiger Pilger, der seine Gedanken auf eine Wand kurz vor Najera in großen Lettern aufgeschrieben hat. So erklärt sich auch sein intensives Engagement als Vizepräsident bei der St. Jakobus-Gesellschaft Rheinland-Pfalz - Saarland.
Wenn man nun tatsächlich von Lahnstein aus vor der eigenen Haustüre starten möchte, steht man schon vor der Entscheidung Mosel-Camino oder Eifel-Camino. Beide Strecken bieten landschaftlich und kulturell sehr viel, allerdings dürfte der Mosel-Camino durch die touristische Erschließung von den Kosten für Unterkunft und Verpflegung etwas höherpreisig angesiedelt sein. So begeben wir uns auf den Eifel-Camino, der in dem Andernacher Vorort Namedy beginnt. Man pilgert nun über Maria Laach, Mayen, den Wallfahrtsort Maria Martental nach Klausen. Hier vereinigt sich der Weg mit dem Mosel-Camino und führt nach Trier. Dort hat man die einmalige Möglichkeit des Besuches des einzigen Apostelgrabes in Deutschland, nämlich des heiligen Matthias.
Von Trier gelangt man recht schnell nach Frankreich und geht weiter nach Metz. Hier muss man die nächste Entscheidung treffen. Es bestehen die Möglichkeiten, nach St. Jean-Pied-de-Port an den Pyrenäen über Vézelay oder über Le Puy zu gehen. Die Pyrenäen überquert man entweder über den aragonesischen oder den navarrischen Weg, die sich beide in Punte la Reina treffen und ab den Camino Francés bilden.
Franz-Josef Höflich erläutert nun, warum er einen eigentlich ungewöhnlichen Vortrag ohne Untermalung mit Bildern hält. Er ist der Meinung, dass Bilder ganz persönliche Erinnerungen an eine bestimmte Situation, einen Ort oder eine Emotion darstellen. Dies würde deutlich den Zeitrahmen sprengen, und so wollte er sich auf eine minimale Auswahl beschränken. Auf ein Photo sei er aber besonders stolz, weil es höchstwahrscheinlich eine Einmaligkeit darstelle. An der Kirche Santa María de Eunate zogen dunkle Wolken und ein Gewitter auf. Am Himmel öffnete sich die Wolkendecke kreisrund und ließ vereinzelte Sonnenstrahlen auf die Kirche scheinen, die nun wie vergoldet erstrahlte. Ich behaupte, das konnte nur ein tatsächliches Wunder auf dem Jakobsweg sein. Wunder und Legenden gab es zahlreiche im Laufe der Jahrhunderte, am bekanntesten dürfte das Hühnerwunder von Santo Domingo de la Calzada sein.
Besonders ergriffen waren seine weiteren Erlebnisse in Eunate. Franz-Josef Höflich bezog Unterkunft in der benachbarten Herberge, die unter anderem von einer argentinischen Hospitalera betreut wurde. Sie wusch beispielsweise ihren Gästen vor dem Abendessen die Füße, lud sie anschließend in die Kirche ein. Dort platzierte sie einen Behälter auf dem Altar. Dieser enthielt lauter Zettel mit den Namen der Pilger, die dort übernachteten. Diese Menschen schloss sie in ihr Gebet ein. Dann spielte sie auf einem australischen Didgeridoo und versetzte ihre Gäste in eine bezaubernde Stimmung. Zum Abschluss wurde ein Gebet gesprochen, jeder Pilger in seiner Muttersprache.
Wie im Fluge ist die Zeit vergangen. Die ersten Zuhörer haben den Saal bereits verlassen und so lässt der Vortragende den restlichen Weg bis Santiago de Compostela in einem kurzen Zeitraffer passieren. Er erntet nach fesselnden neunzig Minuten einen verdienten Applaus von seinem Publikum und der Hausherr, Pfarrer Matthias Metzmacher bedankt sich mit einer Flasche Wein und einem eingerahmten Pilgerspruch.
Während des Vortrages war Hans Walter ganz fleißig und hat für die Gäste ein paar Tapas zubereitet, die wir nun kosten dürfen. Dabei ergeben sich nette Gespräche rund um das Pilgern, ein guter Tropfen Rioja-Wein rundet das ganze ab.