Pilgerkonzert und Vortrag in Kloster Arnstein
"Wissenswertes über den Jakobsweg und dessen Namensgeber Jakobus vermittelt der Autor zahlreicher Pilgerwanderführer, Karl-Josef Schäfer, beim literarischen Konzert im Kloster Arnstein am Freitag, 6. März, 19 Uhr. "Der Jakobsweg nach Arnstein und der wa(h)re Jakob" lautet der Titel der Veranstaltung im Refektorium. Den musikalischen Teil des Abends gestaltet das Ensemble Lurley, das in entsprechender Gewandung die Gäste mit mittelalterlichen Liedern und Pilgergesängen auf der Pilgerreise von Wetzlar nach Arnstein begleitet. Der Eintritt ist frei, um eine Spende wird gebeten."
So stand es vor einigen Tagen in der Zeitung und machte mich neugierig, zumal ich ja meinen bisherigen, wenn auch kurzen Weg, nach dem Pilgerwanderführer von KaJo Schäfer absolviert hatte, und mittelalterliche Musik fasziniert mich schon seit langem. Also meldete ich mich kurzerhand an und erwartete gespannt den Veranstaltungstag.
Wie bereits beim Vortrag im vergangene Dezember fahre ich bei schlechtem Wetter, es regnet mal wieder, mit dem Auto nach Oberhof. Unterwegs kommt mir in den Sinn, dass ich nun den Lahn-Camino entgegengesetzt befahre, eigentlich geht es ja in die andere Richtung. Um kurz vor halb sieben taucht aus der Dämmerung das illuminierte altehrwürdige Kloster Arnstein vor mir auf, auf einer Anhöhe über der Lahn thronend. Früher, in meiner Jugendzeit, waren wir oft mit der Messdienergruppe aus Bad Ems in der Jugendbegegnungsstätte, die dem Kloster angeschlossen ist. Wir verbrachten dort immer schöne Wochenenden, ich erinnere mich gerne an Pater Gerhard, was aus dem wohl geworden ist?
Kurze Zeit später betrete ich das Refektorium des Klosters. Dieses ist nicht gerade großzügig gebaut, hat eine tiefe Decke, die von schweren Eichenbalken durchzogen ist, mit hübschen Wandmalereien. Die Tische sind stimmungsvoll eingedeckt mit Tellern und Bechern aus gebranntem Ton, darauf plaziert eine liebevoll gestaltete Reservierungskarte. Ich finde schnell meinen Platz und versorge mich mit zwei kleinen Treberbroten und einem trockenen Lahn-Rotwein aus Obernhof. Dann suche ich KaJo Schäfer auf, stelle mich kurz vor und überreiche ihm einen meiner nicht offiziellen Pilgerausweise für den Lahncamino. Es ist schön, ihn auch einmal persönlich kennen zu lernen.
Innerhalb kürzester Zeit füllt sich der Saal mit knapp einhundert Personen, darunter auch der in Lahnstein wohnende Camino-Experte Professor Kanz. Bei der Begrüssung wird mitgeteilt, dass das ursprünglich vorgesehene Ensemble Lurley kurzfristig absagen musste, man hat aber in dem fahrenden Spielmann Janko vom See einen guten Ersatz gefunden, wie sich später herausstellen sollte.
Nachdem das akademische Viertel vergangen ist, beginnt nun das Programm. KaJo Schäfer verliest einen Pilgersegen zur Einstimmung. Darauf hin gibt der Spielmann mit einem Trinklied sowie einem Pilgerlied in französischer Sprache mit Lautenbegleitung einen ersten Eindruck seines Könnens.
Als Einstieg in die Thematik Jakobsweg erläutert KaJo Schäfer dem Publikum zunächst einmal, wer dieser Jakobus der Ältere überhaupt war. Als einer der Lieblingsjünger Jesu hat er sich nach dessen Tod auf den Weg gemacht, die iberische Halbinsel zu missionieren. Als er nach Jerusalem zurück kehrte, wurde er ca. 44 n. Chr. hingerichtet. Der Legende nach soll der Leichnam dann mit einem Schiff ohne Besatzung nach Galizien gelangt sein, dort wurde er auf einen Ochsenkarren gelegt, der wiederum ohne Führer loszog. Dort, wo der Ochsenkarren stehen blieb, wurde er begraben. Im Laufe der Zeit wurde Jakobus in den verschiedensten Darstellungen verehrt: als Apostel, Pilger, Märtyrer und auch als Maurentöter. So soll Jakobus persönlich Alfons III. von Asturien im 9. Jahrhundert beim Kampf gegen die Mauren zur Seite gestanden haben.
Nach dieser Einführung steht nun wieder Musik auf dem Programm. Nach dem Lied "Auf dem Camino" trägt Janko vom See aus seinen Notizen vor, die er am zweiten Tag seines eigenen Pilgerweges nach Santiago de Compostela im Sommer 2007 gemacht hat. Ein glücklicher Zufall, einen Barden vor Ort zu haben, der seine Lieder nicht nur vom Notenblatt kennt, sondern einige selbst auf dem Camino erlernt hat.
Weiter geht es nun im Wechsel. KaJo Schäfer spricht über Wege der Jakobspilger in Deutschland, unterlegt von zahlreichen Photos von beispielsweise Jakobusdarstellungen. Dabei erzählt er unter anderem von einer Osternachtfeier im Kölner Dom im vergangenen Jahr, als er für den Pilgerwanderführer Rhein-Camino auf Recherche unterwegs war. Erschöpft und durchgefroren ergatterte er sich einen Platz im hinteren Bereich des Domes. Wie der Zufall es wollte, wird gerade in diesem Bereich das Osterfeuer entzündet, er war also ganz nah dabei. Von dort aus wurde das Osterlicht reihum nach vorne weitergegeben. Es war ein ergreifendes Erlebnis, als dann die Beleuchtung des Domes vom Dreikönigsschrein ausgehend allmählich angeschaltet wurde und dabei das Gloria gesungen wurde.
Nach einer kurzen Pause ist es nun Janko vom See, der mit einem Trinklied, Notizen vom zwölften Tage seiner Pilgerschaft und einem spanischen Pilgerlied die Aufmerksamkeit erlangt. KaJo Schäfer erzählt nun, warum Menschen sich im Mittelalter auf die Pilgerschaft machten. Gründe gab es genügend, sei es als Buße, im Auftrag eines Herrn, aus Abenteuerlust oder einfach nur, um aus seinem Elend zu entfliehen. Auch heute sind dies wohl, wenn auch im übertragenden Sinne, die vornehmlichen Gründe für den Beginn einer Pilgerfahrt.
Aus dem Mittelalter kommt wohl auch der Begriff des "wahren Jakob", denn nur wer in Santiago de Compostela war, erhielt als Pilgerzeichen eine Jakobsmuschel als Beweis. Allerdings galt die Pilgerschaft schon damals auch als "Ware", denn Pilger brachten Geld in die Städte entlang des Weges. Auch heute boomt die Ware Jakobsweg, man schaue sich nur Touristikkataloge an.
KaJo Schäfer selbst ist im Jahre 2006 zum Pilgern gekommen. Unterwegs mit Ehefrau und seinen Hunden an seinem Wohnort Weilburg entdeckte er Muschelwegweiser. Daraufhin wurde Hape Kerkelings Buch an Weihnachten über Nacht gelesen und so stand am ersten Weihnachtsfeiertag fest: morgen geht es los. So marschierte er mit seiner Frau und den Hunden von Weilburg nach Villmar, ca. 25 Kilometer lang, und das ungeübt. Entlang des Weges gab es soviel zu sehen und entdecken, jedoch gab es keine Führer oder Informationen. Aus reiner Neugierde wurde recherchiert und der erste Pilgerwanderführer war fertig.
Nun übernimmt Janko vom See wieder, mit stimmungsvoller, aber zum Nachdenken anregender Musik. Danach erzählt er eine Geschichte von Dieter aus Freiburg, den er auf dem Camino getroffen hat. Ein Mann, der mit einem Zwillingskinderwagen unterwegs war, voll geladen mit Tisch, Stuhl und Grill, dem aber alles nicht recht war. Dazu vrliest Janko noch einige seiner Notizen, dieses Mal vom Cruz de Ferro, bevor er diesen Teil mit dem "Merseburger Zauberspruch" in Althochdeutsch beendet.
Als nächstes nimmt der Buchautor seine Zuhörer mit auf eine Reise über den Lahn-Camino von Wetzlar über Limburg und Obernhof nach Lahnstein, spricht über die einzelnen Etappen und zeigt einige sehenswerte Gebäude am Wegesrand. Zum Abschluß soll noch einmal die Musik erklingen. Nach einem Minnestück wird angekündigt: "Nun erklingt ein Lied über eine essentielle Frage, die man sich jeden Abend stellen könnte: Was sollen wir trinken (Sieben Tage lang)". Das Publikum singt, klatscht mit und ist begeistert. Mit einem weiteren Pilgersegen verabschiedet sich auch KaJo Schäfer und beendet einen wunderschönen Vortrag mit Musik. Ich schaue auf die Uhr und stelle fest, dass seit dem Beginn über drei Stunden vergangen sind.
Fazit: es hat sich gelohnt, nach Kloster Arnstein zu fahren. In stimmungsvoller Atmosphäre ist es dem ausrichtenenden Verein Peregrini e.V. gelungen, Wort und Ton zum Thema Jakobsweg und Pilgern harmonisch zusammen zu fügen.