Mosel-Camino 2012
Datum | Strecke | Länge | Gesamtlänge | |
1. | 27.08.2012 | Koblenz-Stolzenfels - Alken | 18 km | 18 km |
2. | 28.08.2012 | Alken - Klickerterhof | 18 km | 36 km |
3. | 29.08.2012 | Klickerterhof - Beilstein | 17 km | 53 km |
4. | 30.08.2012 | Beilstein - Zell | 19 km | 72 km |
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Von Koblenz-Stolzenfels nach Alken (27. August 2012) Heute treffen sich in der Koblenzer Kaserne einige Pilger, die mit unserem evangelischen Militärpfarrer Karsten einige Tage auf dem Mosel-Camino verbringen möchten. Ganz besonders freue ich mich, dass mein Pilgerbruder Jörg dabei ist. Mit ihm bin ich im Mai durch Frankreich unterwegs gewesen, Jörg war anschließend in Santiago. Mit dabei sind noch Jürgen, Roland, Jörg, Dirk und Holger von meiner früheren Dienststelle sowie zwei weitere Kameraden, deren Namen mir aber leider entfallen sind. Um 9.30 Uhr finden wir uns in der „Arche“ zu einem gemeinsamen Frühstück ein. Dabei stellen wir uns kurz vor. Karsten stimmt uns danach auf die Pilgertage ein und verteilt an jeden ein Blatt mit dem Labyrinth aus der Kathedrale in Chartres. Labyrinthe dienten wohl im Mittelalter zu Bußübungen. Wir folgen dem Weg durch das Labyrinth wie einem Lebensweg bis zur Rosette in der Mitte, die als Symbol Mariens gilt. Dort ist aber nicht das Ende des Weges erreicht, denn man kann wieder zurückgehen zum Ausgangspunkt. Dazu gibt es noch einen kurzen Auszug aus dem Matthäus-Evangelium. Nach dem Transfer nach Stolzenfels ist an der Zeit, die ersten Schritte aus eigener Kraft zu machen. Wir erklimmen einige Höhenmeter bis zur St. Menas-Kirche, von wo wir einen wunderschönen Blick auf den Rhein haben. Karsten berichtet über die Taufe Jesu im Jordan. Mit der Taufe zeigt uns der Herr, dass wir so akzeptiert werden, wie wir sind: „Du bist gut!“ Ich verlese danach den irischen Pilgersegen, und dann geht es weiter. Wir passieren das Schloss Stolzenfels und folgen den gelben Muscheln auf blauem Grund. Kurz darauf treffen wir auf die ganz frischen Markierungen des linksrheinischen Jakobsweges von Köln nach Bingen, der hier ein kurzes Wegestück die gleiche Route wie der Mosel-Camino nutzt. Schaut man in etwas luftigere Höhen, entdeckt man Vogelnistkästen mit den Muschelsymbolen. Hier wird Wegemarkierung in Verbindung mit Artenschutz großgeschrieben. Am „Schüllerhof“, einem früheren römischen Gutshof, trennen sich die beiden Jakobswege und wir folgen dem „Pastorenpfad“ nach Waldesch. Dabei lassen wir die Grundmauern des römischen Merkurtempels rechts liegen.
Waldesch streifen wir schließlich nur am Rande und laufen mitten durch das Dörfchen Hünfelden. Hinter dem „Bruder-Tönnes-Hügel“, einem immer noch nicht erforschten Grabhügel aus der keltischen Eisenzeit, machen wir unsere Mittagspause. Pfarrhelfer Friedhelm versorgt uns mit Frikadellenbrötchen, Getränken, Obst und Riegeln. Bald geht es wieder weiter. Wir queren die B 327 und gehen auf den Sendemast des Südwestrundfunks zu, der mit 280 Metern noch heute das zweitgrößte Bauwerk in Rheinland-Pfalz ist. Ganz in der Nähe treffen wir auf ein Insektenhotel, ebenfalls mit Wegweisern versehen. Wir überqueren die A 61 und bewegen uns nun immer leicht abwärts durch den Wald. Hinter der K 71 erreichen wir die Wallfahrtskirche auf dem Bleidenberg, wo wir einen herrlichen Ausblick auf Burg Thurant mit Alken und das Moseltal. Erst vor wenigen Wochen wurde hier oben ein Pilgerstein eingeweiht. Nach der Besichtigung der Kirche erzählt uns Karsten wieder von Jesus, von Prüfungen in der Wüste. Es folgt nun der Abstieg nach Alken, es geht im Gänsemarsch über einen sehr schmalen Schieferpfad mitten durch eine Steillage. Nach kurzer Wartezeit erscheint auch die Inhaberin des Hotel „Roter Ochse“ und wir beziehen unsere Zimmer. Aus alter Tradition teilen Jörg und ich uns wieder einmal ein Zimmer. Und gleich befinden wir uns wieder in unserem „Pilgertrott“: wir machen kleine Wäsche und hängen diese zum Trocknen in die Abendsonne auf die Terrasse. Danach ist es Zeit für ausgiebige Körperpflege. Während Jörg sich frisch macht, reserviere ich in einem benachbarten Restaurant Plätze für das Abendessen. Schließlich treffen wir uns im Flur unserer Etage und Jörg und ich erzählen anhand von Photos von unserer Tour durch Frankreich. Morgen wird Jörg dann von seiner Reise durch Spanien berichten. Danach begeben wir uns nach nebenan in das Restaurant und verbringen noch einen schönen sommerlichen Abend unter freiem Himmel. Um 22.30 Uhr schlüpfen wir ins Bett.
Von Alken zum Klickerterhof (28. August 2012) Vor dem Frühstück gehen Jörg und ich in eine Bäckerei und besorgen uns den Pilgerstempel von Alken. Das Frühstück selbst ist sehr gut und reichhaltig. Anschließend treffen wir uns mit gepackten Rucksäcken am Moselufer zu unserer Morgenandacht. Es ist ein schönes Bild: die Sonne beleuchtet die Szene, Karsten steht auf einem Betonpodest zwei Meter in den Fluss hinein und wird von Enten umkreist. Er erzählt von Jesus, der in Kapharnaum in der Synagoge predigte. Dort wurde er von einem Besessenen gestört. Jesus erkannte, dass Satan die Ursache der Verwirrtheit des Mannes war und ihn versuchen wollte. Er befahl ihm: „Verstumme und fahre aus von ihm!“ Und der unreine Geist gehorchte ihm und verschwand. Karsten ermuntert uns zum Nachdenken, ob auch wir einen „unreinen Geist“ in uns haben, dem Gott einfach sagen kann: „Verschwinde“. Mit Gesang und dem „Vater unser“ beenden wir die Andacht und verpacken danach alles, was nicht von uns selbst getragen wird, in das Begleitfahrzeug zu Friedhelm. Dann geht es los. In der Oberstraße treffen wir auf das „Fallertor“, dem Haupttor der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Hier bitten wir einen Einwohner, von uns ein Gruppenbild zu machen. Wir folgen der „Oberstraße“, laufen aus Alken heraus und überqueren die Mosel nach Löf. Leider ist die Kirche St. Luzia momentan nicht zugänglich, denn es laufen die Vorbereitungen für eine Beisetzung. Unser Weg führt uns an der Uferstraße entlang, direkt dahinter fließt ruhig die Mosel. Am Ortsausgang von Löf wechseln wir auf einen Pfad hinter den Bahngleisen. Zunächst laufen wir durch Weinfelder, kurz darauf befindet sich rechts von uns eine langgezogene Schiefermauer. Zwanzig Minuten später erreichen wir Hatzenport, wo wir uns aber nicht lange aufhalten. Es geht ein wenig aufwärts in die Weinberge. Oben angekommen bietet sich uns ein phantastischer Ausblick ins Tal auf das bisher zurückgelegte Teilstück. Kurz bevor wir in einen bewaldeten Abschnitt eintauchen, spendiert Roland eine Runde Kekse. Die kurze Auszeit wird von jedem individuell genutzt: zum trinken, Shirt wechseln oder einfach nur zum verschnaufen. Es geht noch ein wenig mehr in die Höhe in Richtung Lasserg. Dort befindet sich ein Startplatz für Paraglider. Wir durchqueren Lasserg und wandern durch landwirtschaftlich geprägtes Gelände. Ab dem Neuhof geht es endlich wieder abwärts bis zum Parkplatz der Burg Eltz, wo wir bereits von Friedhelm zur Mittagsrast erwartet werden. Heute hat er in seine „Wunderkiste“ Fleischwurst und Brötchen eingepackt, die wir uns mit Senf verfeinert gerne schmecken lassen. Nach der ausgiebigen Pause setzen wir den Weg fort. Es geht auf der Zubringerstraße zur Burg Eltz abwärts. Auf einer Mauer mit der Burg im Rücken machen wir ein weiteres Erinnerungsbild, das sehr gelungen ist. Bevor wir weitermarschieren, besorgen Jörg und ich den Stempel für unsere Pilgerausweise. Jetzt erwartet uns ein zwei Kilometer langer Anstieg aus dem Eltztal auf einem zunächst schmalen Pfad über den Grat eines Bergrückens. Dabei passieren wir einige Kreuzwegstationen, die am Wegrand vor langer Zeit aufgestellt wurden. Wir bleiben ein kurzes Stück auf der K 29 und biegen dann auf einen Wiesenweg ab, der uns auf den Buchsbaumwanderweg bringt. An den Schieferhängen über Treis-Karden befindet sich nämlich das größte zusammenhängende Buchsbaumvorkommen nördlich der Alpen. An der Feuerwehrhütte hoch über der Mosel bleiben wir zu einem Impuls stehen. Zunächst genießen wir aber den herrlichen Ausblick auf das Moseltal. Karsten erzählt wieder von Jesus, der sich im Augenblick vieler Aktivitäten in die Wüste zurückzieht. „Wo und wann sind die Situationen, in denen wir uns aus dem Alltag zurückziehen?“ stellt er uns die Frage. Bis zu unserer Unterkunft auf dem Klickerterhof ist es jetzt nur noch ein Katzensprung. Wir werden von der Familie Ternes herzlich begrüßt und mit den Örtlichkeiten vertraut gemacht. Auch Friedhelm ist bereits auf dem Hof und verteilt die Gepäckstücke. Die Nacht werden wir im Heustadel verbringen. Nach einer ersten Liegeprobe haben Jörg, Dirk und ich einige Probleme mit der Staubentwicklung und verzichten lieber auf die Nacht im Heu. Wir genießen die Aussicht vom hoch über Treis-Karden angesiedelten Hof. Am schönsten Aussichtspunkt befindet sich der Grillplatz, den wir nach einer erfrischenden Dusche herrichten. Während einige aus frischen Zutaten einen Bauernsalat zubereiten, sind Roland und Jürgen damit beschäftigt, die Holzkohle in einen glühenden Zustand zu versetzen. Kühlen Getränke können wir uns aus dem Weinkeller der Familie Ternes holen und morgen bezahlen. Es wird ein sehr gemütlicher Abend an einem reizvollen Ort, der seinen Höhepunkt in einem atmosphärischen Sonnenuntergang hat. Die Steaks, Würstchen und der Salat waren sehr schmackhaft, und die Gespräche sehr tiefgreifend. Gegen 22:30 Uhr ziehen sich die ersten zurück. Jörg kann in einer kleinen Hütte schlafen, Dirk legt sich im Freien in seinen Schlafsack und ich finde ein Eckchen in unserem Frühstücksraum.
Vom Klickerterhof nach Beilstein (29. August 2012) Ich habe auf dem Boden des Frühstücksraumes schlecht geschlafen. Es ist ungewohnt, im Schlafsack auf hartem Boden zu liegen. Bei jedem Drehen des Körpers wurde ich wach und versuchte in einer einigermaßen verträglichen Position weiter zu ruhen. Ich bin froh, dass es draußen hell wird und die Zeit gekommen ist, aufzustehen. Einige Pilgerbrüder sind bereits im Bad und machen sich frisch. Allmählich wird es im Frühstücksraum immer belebter und ich verlasse meine Schlafstätte in Richtung Bad. Nach der Morgentoilette verpacke ich meine Ausrüstung in den Rucksack und gehe zum Grillplatz. Dort habe ich einen wunderschönen Blick auf Treis-Karden. Die Sonne scheint bereits und über der Stadt liegt ein schmales Nebelband. Wieder zurück im Frühstücksraum beginnen wir mit den Vorbereitungen für das Frühstück. Der Tisch wird eingedeckt und es wird Kaffee gekocht. Herr und Frau Ternes richten derweil das großzügige Büffet her. Dann lassen wir es uns schmecken und stärken uns für den heutigen Tag. Frau Ternes bestückt unsere Pilgerausweise mangels eines Stempels mit Aufklebern der Silhouette vom Klickerterhof. Nach dem Frühstück gibt uns Karsten noch Wegzehrung in Form eines Impulses mit auf den Weg. Er erzählt uns die Geschichte, wie Jesus einen Gelähmten heilt. Auch uns fesselt die Sünde und lähmt uns. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Jesus an unserer Seite ist und uns ebenfalls von diesen Lähmungen befreit. Ein Lied und das „Vater unser“ beenden die kurze Andacht. Nach der herzlichen Verabschiedung von der Familie Ternes machen wir uns auf den Weg. Zunächst geht es auf einem schmalen Pfad in die Tiefe. Unterwegs haben wir atemberaubende Blicke auf Treis-Karden und die Mosel. Am Ende des Abstiegs lassen wir von einer Holländerin ein Erinnerungsphoto erstellen. Wir befinden uns nun unmittelbar vor der ehemaligen Stiftskirche St. Castor, die auch „Moseldom“ genannt wird. Da die Kirche zu der frühen Stunde offen ist, nutzen wir die Gelegenheit zu einer Besichtigung. Einige entzünden eine Kerze, andere lassen sich zu einem Gebet in einer Bank nieder. So richtig ins Laufen kommen wir aber immer noch nicht, denn nur wenig später legen wir am Bahnhof erneut einen Halt ein. Dort holen Jörg und ich in der Tourist-Information den nächsten Pilgerstempel. Dann überqueren wir die Mosel, werfen noch einmal von der Brücke einen Blick zurück in die Höhe zum Klickerterhof. Wir durchqueren den Stadtteil Treis und erreichen den Ortsausgang. Das nächste Wegstück führt uns auf circa drei Kilometern etwas beschwerlich den Berg hinauf und wir sind recht schweigsam. Mitten im Wald erreichen wir den höchsten Punkt an einem Wegkreuz. Hier verschnaufen wir einen Moment und warten, bis alle an der Stelle eingetroffen sind. Roland erfreut uns wieder mit seinen Motivationskeksen und der Inhalt der einen oder anderen Wasserflasche rinnt die Kehlen hinunter. Ab hier geht es jetzt leicht abwärts und bald öffnet sich ein grünes Tal vor uns. Im Hintergrund befindet sich das Kloster Maria Engelport, wo wir unsere Mittagsrast einlegen. Am Rande des Weges hat Friedhelm auf den vorhandenen Tischen die Mittagsverpflegung bereitgestellt, über die wir uns hungrig hermachen. Einige nutzen die Gelegenheit, sich ein wenig im Schatten hinzulegen und die Augen zu schließen. Im Klosterladen bekommen Jörg und ich den nächsten Pilgerstempel. Hier im Klosterbereich möchten wir unseren Gottesdienst feiern. Wir finden einen stimmungsvollen, viereckigen Platz mit jeweils einem Baum in jeder Ecke. Zwischen den Bäumen sind Bänke aufgestellt und im Zentrum ist ein alter Mühlstein platziert, den wir als Altar nutzen. Aus zwei Pilgerstäben wird ein Kreuz, das mit einigen grünen Ästen und Blüten verziert wird. Im Mittelpunkt der Feier steht die Geschichte von Jesus, der mit einem Zöllner speist. Karsten erzählt die Geschichte in seiner eigenen, fesselnden Art. Gebet, Gesang und Abendmahl lassen unsere Pilgergruppe weiter zusammenwachsen. Anschließend mehren sich begeisterte Stimmen zu diesem sehr emotionalen Gottesdienst. Noch ganz ergriffen marschieren wir erneut über einen Berg bis nach Beilstein. Hinter einer Kurve haben wir eine traumhafte Aussicht auf das Örtchen, das auch als „Dornröschen der Mosel“ bezeichnet wird. Vor der Kulisse der ehemaligen Karmeliterkirche und der Burg Metternich gelingt uns trotz schwieriger Position des Fotographen ein weiteres tolles Erinnerungsbild. Nach der Besichtigung der Klosterkirche lassen wir uns im Kloster-Café zu einer Erfrischung nieder und beschließen direkt, hier auch das Abendessen einzunehmen. Ich reserviere für 19:00 Uhr einen Tisch für uns und besorge den Pilgerstempel. Dann begeben wir uns zum Hotel Burgfrieden, wo wir heute untergebracht sind. Traditionell haben Jörg und ich gemeinsam ein Zimmer, das wird sich wohl zukünftig auch nicht mehr ändern. Dafür kennen wir uns inzwischen so gut und die Abläufe am Ende eines Pilgertages sind bei uns eingespielt. Nur wenig später setzt Jörg seinen Bericht über seine Pilgerschaft nach Santiago anhand zahlreicher Photos fort. Ein Bericht, der Fernweh aufkommen lässt. Es gibt so viel zu erzählen, dass es mit der Zeit knapp wird. Wir eilen also zurück zum Kloster-Café. Wir sitzen direkt an einer Mauer mit Blick auf die Mosel und lassen uns nun verwöhnen. Das Essen ist reichlich und gut, die Unterhaltungen werden mit der Zeit immer intensiver und vertrauter. Während die Besitzer sich auf das Ende der Geschäftszeit vorbereiten, kommen wir mit ihnen ein wenig ins Gespräch. Als dann letztendlich Feierabend ist, gehen wir zurück ins Hotel und ich setze mich mit Karsten, Jörg, Roland, Jürgen, Holger und Jörg ins Restaurant und trinke ein letztes Glas. Es kommt dabei noch einmal zur Sprache, dass die Pilgertour eine tolle Idee sei. Neben dem Kennenlernen der schönen Landschaft und den Mitpilgern seien auch die geistigen Impulse und vor allem der Gottesdienst eine Bereicherung. Gegen 23:00 Uhr liegen wir nach einem erlebnisreichen Tag im Bett.
Von Beilstein nach Zell (30. August 2012) Heute bricht der letzte Tag unserer Pilgerwanderung an der Mosel an. Jörg und ich richten unsere Ausrüstung her. Die Wäsche von gestern Abend ist allerdings noch etwas klamm, aber das stört uns heute nicht. Nachdem wir selbst angezogen sind, begeben wir uns in den Frühstücksraum, wo uns ein reichhaltiges Büffet erwartet. Wir sind die ersten, doch der Rest trudelt nach einer Weile auch ein. Einige sehen nicht gerade frisch aus, könnten wohl noch ein wenig Schlaf gebrauchen. So zieht sich das Frühstück etwas in die Länge, was aber niemanden stört. Anschließend sammeln wir uns mit unserem Gepäck vor dem Hotel. Friedhelm hat bereits sein Fahrzeug geöffnet und verstaut das Gepäck. Unsere Zimmergemeinschaft bleibt weiter standhaft und behält den Rucksack auf dem Rücken. Bevor es wieder losgeht, singen und beten wir zusammen. Zunächst bleiben wir an der K 42, die sich allmählich aufwärts schlängelt. Zum Glück ist die Straße heute Morgen kaum befahren, denn es gibt keinen Fußweg. Zur Sicherheit fahre ich hin und wieder meinen Pilgerstab aus, wenn ein Auto kommt. Bald verlassen wir die Straße und biegen nach rechts in den Wald ein. Es folgt ein mühsames Stück über rutschigen Schiefer und aufgeweichten Waldboden, zudem gewinnen wir ordentlich an Höhe. In der vergangenen Nacht hat es wohl zum Teil heftig geregnet, jetzt sind die Himmelsschleusen erfreulicherweise geschlossen. Dennoch ist bei einigen die Anstrengung an den feuchten Spuren ihrer Oberbekleidung erkennbar. Endlich erreichen wir die L 200, der wir bis zu einer Kreuzung folgen. Dort biegen wir nach links ab, immer weiter auf dem Asphaltstreifen. An einer Schutzhütte verlassen wir die Straße auf einen Feldweg, der uns zunächst zu einem Schau-Bienenstock führt. Es geht weiter aufwärts, allerdings etwas gemächlicher als vorhin. Wir laufen durch Felder auf einen Wald zu, den wir auf einem kurzen Stück durchschreiten, bevor wir erneut die Straße erreichen. Wir überqueren sie und gehen jetzt parallel auf einem Wiesenweg auf das Lindenhäuschen zu. Hier werden wir bereits von Friedhelm erwartet, der uns mit belegten Brötchen und Obst verwöhnt. Damit hätten wir jetzt nicht gerechnet. Obwohl das Frühstück noch nicht so lange zurückliegt, wird fast alles gegessen. Es geht weiter auf breiten Waldwegen, die zum Teil von Wildschweinen zerfurcht sind. Nach circa zwei Stunden erreichen wir Bullay, wo wir zu Mittag essen werden. Jörg und ich besorgen den Pilgerstempel von Bullay, während die anderen schon zum Restaurant „Akropolis“ weitergehen. Das Lokal hat heute nur für uns früher als normal geöffnet, dafür gebührt ein großer Dank. Wir sitzen draußen im Biergarten mit Blick auf die Mosel.
Nach dem Essen brechen wir auf das letzte Stück Weg auf. Wir überqueren die Mosel über die kombinierte Auto- und Bahnbrücke und wenden uns nach rechts auf einen schmalen Pfad am Hang. Auf diesem gelangen wir wiederum in die Höhe zur Marienburg, wo eine Jugendbildungsstätte des Bistums Trier untergebracht ist. Von hier oben haben wir einen herrlichen Ausblick auf die Umgebung. Nach der Besichtigung der Jugendkirche warten Jörg und ich noch an der Rezeption, um einen Stempel für den Pilgerpass zu bekommen. Dann geht es auf dem Bergkamm wieder hinab, bis wir in einen Weg durch ein Weinfeld einbiegen. Auf der anderen Moselseite sehen wir bereits die ersten Ausläufer unseres Zielortes Zell, den wir über eine Fußgängerbrücke über die Mosel erreichen. Während die anderen sich ein Eis besorgen und dann zum vereinbarten Treffpunkt am Moselparkplatz gehen, müssen Jörg und ich unsere Pilgerausweise im katholischen Pfarramt mit einem Stempel versehen lassen. Anschließend gönnen auch wir uns ein großzügiges Eis und schlendern zum Parkplatz. Und dann ist unsere Pilgerwanderung zu Ende. Wie immer ist das sehr schade, denn unsere Gruppe hat sich in den vergangenen Tagen gut zusammengefunden. Ein Blick in die Gesichter sagt mir, dass die meisten wohl noch die ein oder andere Etappe dranhängen würden. Zum Dank für die gemeinsamen Stunden bilden wir noch einmal einen Kreis, singen und beten zusammen. Ich teile an jeden einen Pilgerausweis aus, dann steigen wir in die bereitstehenden Fahrzeuge ein und fahren zurück nach Koblenz. Dort machen wir vor dem Militärpfarramt ein letztes Gruppenbild und verabschieden uns schließlich voneinander. „Und bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich fest in seiner Hand…“
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