Elsässer Jakobsweg 2022
Datum | Strecke | Länge | Gesamtlänge | |
1. | 15.07.2022 | Strasbourg - Dorlisheim | 31 km |
31 km |
2. | 16.07.2022 | Dorlisheim - Barr |
25 km |
56 km |
3. | 17.07.2022 | Barr - Sélestat | 26 km | 82 km |
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Von Strasbourg nach Dorlisheim (15. Juli 2022) Es ist eigentlich jeden Morgen das gleiche, wenn ich auf einem Camino bin. Einen Wecker muss ich mir nie stellen, da ich regelmäßig früher als geplant aufwache. Die Zeit nutze ich dann, um mich in aller Ruhe auf den Tag vorzubereiten. Gegen 7 Uhr verlasse ich das Hotel und begebe mich an das Ufer der Ill. Ich ziehe durch das Viertel Petit France, sicherlich eines der schönsten von Strasbourg. Nach 4 Kilometern verlasse die Ill und folge nun dem Canal de la Bruche, der im 17. Jahrhundert zum Transport von Baumaterial für die Festungsanlage von Strasbourg entstand. Ausgangspunkt war Soultz-les-Bains in der Nähe von Molsheim, die Streckenlänge beträgt ca. 22 Kilometer. Der letzte Transport auf dem Kanal wurde 1939 durchgeführt. Den ehemaligen Treidelpfad hat man zu einem gut ausgebauten Fahrradwanderweg umgewandelt, der gerne genutzt wird, wie ich heute feststellen darf. Asphalt-Hasser unter den Pilgern werden den Abschnitt lieben. Wenn dir zu dieser frühen Zeit dein Schatten vorauseilt, kannst du sicher sein, in Richtung Santiago de Compostela zu gehen. Nach gut zwei Stunden finde ich eine schattige Bank bei Oberschaeffolsheim, wo ich für eine gute halbe Stunde eine erste Pause einlege. Etwa eine Stunden später passiere ich die Zufahrt nach Hangenbieten und entdecke dort ein Hinweisschild auf eine nur 200 m entfernte Bäckerei. Manchmal sollte man halt nicht den digitalen Helfern vertrauen, sondern hoffen und die Augen offen halten. Das Risiko gehe ich ein und finde den Laden tatsächlich geöffnet vor. Ich bestelle mir ein Sandwich (in Spanien würde es Bocadillo heißen) mit Salami. In den folgenden zwanzig Minuten bin ich damit beschäftigt, das knusprige Baguette zu vertilgen. Der Wunsch war da und das Universum hat wieder einmal geliefert. Merci! Auf dem Weg wechseln sich schattige und sonnige Passagen ab. Dazu weht hin und wieder ein leichter Wind, der die Etappe etwas leichter erscheinen lässt. Allmählich wird es Zeit für die nächste große Pause. Und just in dem Moment laufe ich an einer großen Tafel vorbei, die für einen Biergarten in circa einem Kilometer wirbt. Der Haken dabei ist die Öffnungszeit, die liegt mit 12 Uhr etwas zu weit weg. Als ich dann 15 Minuten vorher ankomme, sehe ich aber schon ein paar Radfahrer mit einem Glas in der Hand. Der Biergarten befindet sich auf dem Gelände eines der früheren Schleusenwärterhäuser, die zum Teil hübsch saniert wurden und bewohnt sind. Ich gönne mir ein großes Bier und lasse mich für eine Stunde direkt am Schleusengraben nieder. Kurz darauf gesellen sich vier Enten zu mir und legen sich schnatternd in den Schatten. Beim Betrachten der Karte fällt mir auf, dass ich eigentlich im letzten Ort hätte abbiegen müssen. Der Biergarten entschädigt aber für diesen Fauxpas und im nächsten Ort treffe ich wieder auf den Jakobsweg. Der ist hier auch nur spärlich gekennzeichnet, da kann man eine Markierung schon mal übersehen. Tatsächlich kürze ich mit dem Verbleib auf dem Radweg ein wenig ab. Im weiteren Verlauf sehe ich zudem, dass die Originalstrecke am Rande von Weinbergen verläuft, und das voll im Einflussbereich des gelben Planeten. In Ergersheim verlasse ich nach 18 Kilometern Begleitung den Canal de la Bruche und darf zur Abwechslung auf einem staubigen Feldweg laufen. Ich komme zunächst in Wolxheim an der Capelle de St. Armuth, einer Mariengrotte sowie dem Dompeter aus dem 12. Jahrhundert bei Avolsheim vorbei. Auf einem schmalen Pfad entlang des Flusses Bruche gelange ich nach Molsheim. Hier bin ich schon einmal vor Jahren beim Marathon de Vignoble d'Alsace einen Halbmarathon gelaufen. Man nennt diese Veranstaltung auch den "kleinen Medoc-Marathon", weil es unterwegs Wein und allerlei lokale Leckereien an den Verpflegungsstationen gibt. Da ich in Molsheim einen kleinen Supermarkt ausfindig gemacht habe, drehe ich eine nicht eingeplante Schleife durch den schönen Ort und sammele damit wohl die vorher abgekürzten Meter wieder ein. Zufällig befindet sich dort am Marktplatz die Tourist-Info, wo ich noch einen schönen Pilgerstempel erhalte. Nun geht es noch zur ehemaligen Jesuitenkirche, heute die Pfarrkirche von Molsheim. Von hier sind es nun nur noch zwei Kilometer bis zum Bahnhof von Dorlisheim, wo ich die heutige Etappe beende und morgen die nächste beginnen werde. Zu meinem Hotel "Zum Schnogaloch" in Obernai fahre ich mit dem Zug, muss dann aber noch einmal quer durch den Ort laufen. Auch die kommende Nacht habe ich mich hier eingemietet und kann der morgigen Königsetappe mir fast 800 Höhenmeter mit leichtem Gepäck entgegentreten. Highlight wird morgen das Kloster St. Odile sein, das nur mit einem Anstieg von 500 Höhenmetern auf 5 Kilometer zu erreichen ist. Dafür ist die Etappe mit 23 Kilometern aber recht kurz. Und da ich nicht weiß, ob und wie lange morgen die Läden geöffnet sind, habe ich mir für Sonntag schon einmal die benötigte Ration Wasser gekauft. Zum Abschluss des Tages möchte ich noch etwas essen, hier bietet sich das Restaurant meines Hotels an. Nach einer kurzen Wartezeit mit Bier wird ein Tisch frei und ich bestelle mir eine Portion Elsässer Sauerkraut, das mit Würstchen, Speck und Fleisch garniert ist. Schön, dass ich nach anfänglicher Konversation auf Französisch auf Deutsch wechseln kann. Für morgen Abend werde ich nach dem Essen gleich einen Tisch reservieren. Diese Etappe war ein Abschnitt meiner Pilgertour auf dem Badischen, Kinzigtäler und Elsässer Jakosbweg von Lichtental nach Sélestat im Juli 2022.
Von Dorlisheim nach Barr (16. Juli 2022) Gut geschlafen und erholt, das ist das Fazit der vergangenen Nacht. Aufgewacht bin ich auch erst um 6:15 Uhr, also für meine Verhältnisse auf dieser Pilgertour recht spät. Ab 7:30 Uhr gibt es Frühstück, typisch französisch, was ich aber nicht abwertend meine. Es gibt ein halbes Baguette und ein Schokocroissant, dazu Marmelade, Kompott und Frischkäse. Im Anschluss mache ich mich in Ruhe fertig und bin mit kleinem Gepäck nach zehn Minuten am Bahnhof. Eigentlich wollte ich den kleinen, faltbaren Rucksack von Susanne mitführen, der liegt aber nicht besonders gut am Rücken. Deshalb nehme ich meinen gewohnten Rucksack, aus dem ich alles Unnötige entfernt habe. Pünktlich um 8:41 Uhr fahre ich mit der Bahn nach Dorlisheim und starte die heutige Etappe. Ab Bahnhof laufe ich einmal quer durch den Ort, an der verschlossenen evangelischen Kirche St. Laurent vorbei in die Weinberge. Auf der Straße ist mehrfach "17%" aufgemalt, ich gehe davon aus, dabei handelt es sich um den Steigungsgrad auf diesem Abschnitt. Auf der Kuppe angekommen, ist der Mont Saint-Odile bereits in der Ferne erkennbar. Das nächste Örtchen ist Rosheim, das einiges für das Auge zu bieten hat. Vor allem die romanische Kirche St. Peter und Paul aus dem 12. Jahrhundert, in der es sogar in einem Kästchen einen Pilgerstempel gibt. Ein älterer Herr kommt mir kurz ins Gespräch, dabei stellt sich heraus, dass er besser Deutsch spricht als ich Französisch. Im Übrigen wird am 29. Juli Rosheim Zielort der 6. Etappe der Tour de France der Frauen sein. Am Weg liegt auch noch die Église St. Etienne, die ich auch noch kurz aufsuche. Auf einem asphaltierten Fahrradweg begebe ich mich nach Boersch, allerdings muss ich irgendwo einen Abzweig verpasst haben, denn ich befinde mich laut meiner digitalen Karten einiges vom durch den Weinberg führenden Jakobsweg entfernt. Ich komme aber trotzdem wieder auf den Weg durch das malerische Dorf. Kurz darauf verlaufe ich mich erneut, dieses Mal in Ottrott. Dafür kann ich mir die sehenswerte Église Saint Nicolas aus dem 12. Jahrhundert anschauen. Ab hier beginnt der Anstieg zum Mont Sainte-Odile. Auf einem Schild wird der Weg mit neunzig Minuten angegeben, ich schaffe das ohne große Anstrengung in der Hälfte der Zeit. Man muss hier sehr aufmerksam sein, denn die Strecke ist oft mit grobem Gestein übersät. Gegen 13 Uhr erreiche ich den "Gipfel", bis dahin habe ich auf 5 Kilometern rund 500 Höhenmeter überwunden. Von hier oben hat man einen tollen Ausblick in das Flachland. Ich mache einen Rundgang durch das im 7. Jahrhundert von der heutigen Landesheiligen des Elsass, Saint Odile, gegründete Kloster Hohenburg. Leider sind die ältesten Teile, die beiden Kapellen aus dem 12. Jahrhundert, wegen Renovierung geschlossen. Aber auch die von Papst Benedikt zur Basilika minor erhobene Klosterkirche hat ihren Charme. In einer Seitenkapelle befindet sich der Sarkophag der Ordensgründerin. Wieder auf dem Vorplatz des Klosters angelangt, esse ich ein Sandwich und trinke standesgemäß ein Bier Saint Odile. Bevor es weitergeht, muss ich meine Uhr auf dem WC aufladen, da ich wohl in den letzten Tagen meine Powerbank zu stark beansprucht habe, ohne es zu bemerken. Der Abstieg nach Barr erfordert Konzentration, auch hier geht es teilweise über leichtes Geröll, auf dem ich zweimal etwas wegrutsche. Zunächst will ich einen Schritt zulegen, um den Zug nach Obernai um 16 Uhr zu erreichen. Doch ich merke sehr schnell, dass es keinen Sinn macht und gehe einfach normal weiter. Um 17:03 Uhr gibt es eine weitere Verbindung. Unterwegs verpasse ich wieder einen Abzweig und bekomme dadurch ein paar zusätzliche Meter auf den Tacho. Zum Glück kontrolliere ich jetzt regelmäßig die Route und hoffe, dass ich keine weiteren Umwege mehr mitnehme. Ich erreiche Barr an der protestantischen Église St. Martin, in der gerade eine Hochzeit stattfindet. Das hübsch geschmückte Städtchen muss einmal durchquert werden. Gegen 16:35 Uhr treffe ich am Bahnhof ein, wo bereits ein Zug wartet. Inzwischen löse ich mein Ticket und merke erst danach, dass ich Start und Ziel vertauscht habe und damit die Abfahrtszeit deutlich später ist als geplant. Ein Blick auf die Bahnsteiganzeige und mir wird klar, dass der wartende Zug bereits der meinige ist. Heute ist aber auch viel anders gelaufen und trotzdem habe ich keinen Grund zur Klage. In Obernai angekommen, mache ich einen kleinen Umweg zum Netto, um dort eine Rarität für meinen Sohn einzukaufen: Königsbacher in der Dose, gibt es in Deutschland anscheinend nicht. Heute Abend wird es in der Stadt wo etwas lauter, denn auf dem Marktplatz wurde eine Bühne aufgebaut und es stehen schon diverse Instrumente parat. Gegen 17:45 Uhr treffe ich im Hotel ein und kümmere mich um Wäsche und Körper. Für 19:00 Uhr habe ich einen Tisch reserviert, heute Abend gibt es noch einmal original Elsässer Flammkuchen. Diese Etappe war ein Abschnitt meiner Pilgertour auf dem Badischen, Kinzigtäler und Elsässer Jakosbweg von Lichtental nach Sélestat im Juli 2022.
Von Barr nach Sélestat (17. Juli 2022) Der letzte Tag meiner Pilgerwanderung bricht an und ich habe noch ein strammes Programm vor mir. Sonntags verkehren die Züge hier nur spärlich und so komme ich nach Frühstück und gemütlicher Tagesvorbereitung erst mit den frühesten Zug um 9:26 Uhr aus Obernai weg. Ab Barr habe ich ca. 25 Kilometer vor mir, die ich bis spätestens 16 Uhr absolviert haben muss. Kurz darauf beginnt nämlich schon die Rückkehr nach Koblenz, den Zug nach Strasbourg darf ich nicht verpassen. Auch heute sind die Elsässer Weinberge meine ständigen Begleiter. Ich komme gut voran und werde am Ortseingang von Andlau mit einer Geschwindigkeit von 6 km/h gemessen und mit einem lächelnden Smiley bedacht. Eigentlich wollte ich die Église Saint-Pierre et Saint-Paul gar nicht aufsuchen, da sie etwas abseits vom Weg liegt. Letztendlich bin ich froh, dass ich den Schlenker mitgenommen habe, die romanische Kirche ist nämlich sehenswert. Ich bin gar nicht mehr richtig beim Camino, da geht es doch für einen Kilometer steil durch einen schattigen Hohlweg aufwärts, und das mit einer Steigung von durchschnittlich 15%. Da steigt die Herzfrequenz aus Sympathie gleich mit und meine Klimaanlage stößt ordentlich Schweißperlen über den Kopf aus, die dann einzeln durch mein Gesicht laufen. Zum Glück ist auch dieser schwerste Abschnitt des Tages absolviert und es folgen jetzt wieder sonnige Wirtschaftswege durch die Reblandschaft. Ich durchlaufe Bernardvilllé und passiere dahinter die Chapelle de 14 Saints und der nachbarschaftlichen Abtei Baumgarten. Die nächsten Orte sind Nothalten und Blienschweiler, danach mache ich einen weiteren Abstecher mit kurzem Aufstieg zur Chapelle de Saint Sébastien, die mitten in den Weinbergen steht und bis 1489 die Pfarrkirche des verschwundenen Dorfes Oberkirch war. Hier lege ich nach 3 Stunden und 15 Kilometern eine Pause ein, liege gut in der Zeit. Mit dem dreizehnten Glockenschlag der Église St. Etienne von Dambach, auf das ich von der Kapelle heruntersehen kann, geht es weiter. Ich drehe auch noch eine Schleife durch Dambach, das von einer noch gut erhaltenen mittelalterlichen Mauer umgeben ist. Die Kirche ist jedoch verschlossen. Sehr auffällig sind in den Weinbergen die großen Kreuze, die von dankbaren Menschen überwiegend im 17. und 18. Jahrhundert aufgestellt wurden. Bei den meisten sind die Namen und die Jahreszahlen noch sehr gut lesbar. Schwieriger zu erkennen sind die eigentlich überwiegend guten Markierungen, aber manchmal muss man solche in Daumennagelgröße auch finden. Auf die Perlenschnur der Weinorte der heutigen Etappe reihen sich nun Dieffenthal und Scherwiller nahtlos ein. In erstem schaue ich mir die Église Saint-Michel an. Mir scheint, dass hier der Jakobsweg ähnlich wie bei uns, nicht richtig präsent ist, zumindest findet man sehr selten in einer Kirche einen Pilgerstempel. Dafür gibt es hin und wieder ein paar hübsche Kapellen wie Chapelle du Taennenkreuz, die in der linken Seitenwand eine Lourdes-Grotte beherbergt. Um 14:30 Uhr und nach 21 km erreiche ich Châtenois. Über die Rue du Rhin - wie passend - verlasse ich den markierten Elsässer Jakobsweg und biege nach Sélestat ab, wo ich nach fünfzig Minuten am Bahnhof eintreffe. In der vergangenen Woche habe ich damit von Baden-Baden bis Sélestat insgesamt 181 Kilometer zurückgelegt. Mein Zug nach Strasbourg fährt um 16:13 Uhr, der ICE nach Mannheim genau eine Stunde später. Dort muss ich noch einmal umsteigen und werde dann kurz nach 20 Uhr in Koblenz eintreffen. P.S. Es kam natürlich anders, da der Anschlusszug ab Mannheim ausfiel. So musste ich über Frankfurt Flughafen einen Regionalexpress nehmen, der eine gute Dreiviertelstunde später das Ziel erreichte. Diese Etappe war ein Abschnitt meiner Pilgertour auf dem Badischen, Kinzigtäler und Elsässer Jakosbweg von Lichtental nach Sélestat im Juli 2022.
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